DOMRADIO.DE: Verlieren Sie so langsam die Geduld, wenn es um deutsche Klimapolitik geht.?
Ulrich Hemel (Vorsitzender Bund Katholischer Unternehmer): Ja. Klimapolitik ist ja nicht einfach ein Thema der CDU oder der SPD oder der Grünen. Wir haben ja gerade als katholische Unternehmer und Unternehmerinnen den Auftrag, die Schöpfung zu bewahren. Nachhaltigkeit und Bewahrung der Schöpfung: Das sind Themen, die durchaus auch bei christlich motivierten Unternehmen und Unternehmerinnen ankommen. Da muss man nicht darüber diskutieren, ob man damit den Grünen hinterherläuft. Nein, es ist ein gemeinsames Spiel, wo wir alle auf ein Tor spielen und endlich auch mal Tore schießen müssen. Das ist Aufgabe der Politik.
DOMRADIO.DE: Forderungen zu mehr Engagement in der Klimapolitik lese ich wirklich täglich. Aber ich war schon erstaunt, dass der BKU als katholischer Unternehmerverband bei diesem Thema so deutlich wird...
Hemel: Naja, was erwarten Unternehmer von der Politik?! Stabile Rahmenbedingungen. Wir müssen doch wissen, woran wir sind. Und wenn wir nicht wissen, woran wir sind, macht jeder, was er für richtig hält. Und damit kommt kein klares Bild zustande. Deswegen ist unsere Aufforderung, schnell eine nachvollziehbare und verständliche Lösung zu finden.
DOMRADIO.DE: Besonders wichtig im Kampf gegen den Klimawandel ist ja die Verringerung der Treibhausgasemissionen. Wie kann denn Deutschland seine Klimaziele noch erreichen?
Hemel: Wie gesagt, wir müssen es einfach ernster nehmen und müssen solche Rahmenbedingungen schaffen, dass es sich wirklich lohnt, CO2 einzusparen. Ich möchte aber auch dazusagen: Wir müssen in der Situation, in der wir heute sind, bereits beides tun: Versuchen, den Klimawandel zu dämpfen und soweit möglich zu verhindern, aber auch gleichzeitig uns auf diesen Klimawandel vorbereiten. Auch das erfordert Investitionen. Das ist natürlich wichtig auch für Unternehmen und Unternehmerinnen.
DOMRADIO.DE: Man muss reagieren und Rahmenbedingungen schaffen. Als Bund Katholischer Unternehmer sagen Sie: Das geht ohne den freien Markt nicht. Ist es nicht zu spät, auf die Kräfte des freien Marktes zu warten? Der Klimawandel wird darauf bestimmt keine Rücksicht nehmen..
Hemel: Eine komplexe Gesellschaft, wie wir sie sind, braucht immer beides. Es braucht das freie Spiel der Kräfte, weil im Wettbewerb oft bessere Lösungen gefunden werden, als wenn man das dirigistisch vorgibt. Man braucht aber auch klare Rahmenbedingungen, also eine Art Korridor, der sagt: Bis dahin geht es und ab hier ist die Grenze des Unerlaubtem erreicht. Und das erwarten wir wiederum vom Staat. Wir werden hier beide Seiten berücksichtigen müssen und das geht auch. Es ist ja kein Ding der Unmöglichkeit zu messen, wo besonders viel CO2 verbraucht wird, und wo es sich auch lohnen kann, in neue Technologie zu investieren. Auch wenn das bisweilen Brückentechnologie sein werden.
DOMRADIO.DE: Eines ist wohl klar: Der Ausstoß von Treibhausgasen muss in irgendeiner Form Geld kosten. Noch ist aber unklar, wie das gehen soll. Was ist Ihr Vorschlag?
Hemel: Das mit dem Geld kosten, das stimmt sicherlich. Aber es wird auch Geld sparen. Es gibt sehr viele Unternehmen, die heute investiert haben und dann beispielsweise Produkte auf den Markt bringen, die weniger Rohstoffe verbrauchen, sodass wir sogar zwei Ziele verbinden können: Einen geringeren Materialeinsatz - was kostenseitig eine Entlastung für die Unternehmen ist - und eine verbesserte CO2-Bilanz.
Und man diskutiert heute ja vor allem zwei Themen. Das eine ist der Emissionshandel. Da geht es darum, dass man beispielsweise auf europäischer Ebene sagt: So viel Tonnen CO2 haben wir im letzten Jahr verbraucht. Dieses Jahr wollen wir x Prozent weniger verbrauchen und dass man dann ein Preisschild an den CO2-Verbrauch hängt und den Verbrauch auf den Markt stellt und sagt: Wenn du eine Tonne CO2 kaufen und verbrauchen möchtest, musst du das kaufen. Das funktioniert für größere Firmen. Es funktioniert unseres Erachtens nicht so gut, wenn es darum geht, dass Sie als Verbraucher für ihre Ölheizung anfangen müssen, sich zu informieren: Wie kriege ich meine Verschmutzungsrechte? Das ist ein zu hoher bürokratischer Aufwand.
Auch deswegen wird eine zweite Option diskutiert, die sogenannte CO2-Steuer. Verrückterweise ist der Effekt des Emissionshandels in der Menge wahrscheinlich sogar noch günstiger, weil ich weniger Verschmutzungsrechte kaufen muss und auch belohnt werde, wenn ich weniger kaufe. Bei der CO2-Steuer gibt es natürlich die Diskussion: Wer es sich leisten kann, der gibt dann halt mal ein bisschen mehr aus. Das kommt aber dem Klima nicht sonderlich zugute. Aber man darf nicht vergessen: Geld, welches der Staat erst einnimmt und dann wieder umverteilt, wird immer weniger. Wenn ich 100 Euro einnehme, werde ich die nie im Leben wieder ausgeben können, weil ich ja Verwaltungsposten habe. Deswegen ist die CO2-Steuer auch eine umstrittene Option.
DOMRADIO.DE: Was macht denn Ihrer Ansicht nach mehr Sinn: CO2-Steuer oder Emissionshandel?
Hemel: Da geht es wie immer im Leben darum, genau hinzuschauen. Deswegen sprechen wir uns auch für einen Mix aus. Es gibt Bereiche, wo wir sehr gut mit einer CO2-Steuer arbeiten können. Und es gibt Bereiche, gerade dort, wo es um nachweisbare und gut lenkbare Mengen geht, wo wir mit dem Emissionshandel sicher schneller und besser marktwirtschaftliche und klimabezogene Erfolge haben können.
DOMRADIO.DE: Sie haben als BKU die Dringlichkeit ja erkannt und sagen: Wir schulden unseren Kindern und Enkelkindern eine intakte Umwelt und Nachwelt. Wie können katholische Unternehmer denn den Druck auf die Politik jetzt noch weiter erhöhen?
Hemel: Indem wir miteinander sprechen. Wir haben ja heute eine Verantwortung für Mitwelt, Umwelt und Nachwelt. Wie sollen wir denn der Verantwortung für künftige Generationen gerecht werden, wenn es nicht um die Welt kümmern, in der wir jetzt leben? Wir führen die Gespräche. Morgen sind wir wieder in Berlin und führen entsprechende Gespräche. Aber da sind wir natürlich ein Verband unter vielen, aber eben ein besonderer. Bei uns sind ja viele Unternehmer, die als kleine und mittlere Unternehmer das Ohr an der Realität haben und die nicht ganz so in der besonderen Welt eines Konzerns leben, wie es einige andere Vertreter tun. Das ist schon ein wichtiger Punkt, dass wir mit dem Mix der Unternehmerschaft gut darstellen können. Und dazu kommt die Werteorientierung, die aus unserem katholischen Hintergrund kommt.
Das Interview führte Jann-Jakob Loos.