Der Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Martin Hein, prangerte in seiner Predigt die "widerwärtigen" Reaktionen nach dem gewaltsamen Tod des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke an. "Die Würde des Menschen, auch eines verstorbenen Menschen, muss unantastbar bleiben - auch im Netz", sagte Hein. Schmähungen und schierer Hass, die Lübcke nach seinem Tod in manchen Sozialen Netzwerken entgegengeschlagen seien, seien nicht zum Aushalten gewesen.
Zur Grausamkeit der Tat komme die Ungewissheit, wer es gewesen sei, der Lübckes Leben kaltblütig und hinterrücks ein Ende gesetzt habe, sagte der Bischof in der Kasseler Martinskirche. In der Nacht zum 2. Juni wurde der 65-jährige CDU-Politiker erschossen auf dem Grundstück seines Wohnhauses gefunden. Die Hintergründe sind bislang unklar.
Füchtlingsfreundliche Äußerungen
Lübcke hatte als Regierungspräsident mit flüchtlingsfreundlichen Äußerungen bereits 2015 zahlreiche Hasskommentare im Internet hervorgerufen und Morddrohungen erhalten. Hein sagte, es sei "ein unfassbarer Tod, der uns völlig ratlos macht".
Lübcke sei ein Mann des klaren Wortes und der klaren Tat gewesen, so der Bischof. Am deutlichsten sei dies zum Ausdruck gekommen, als im Sommer 2015 eine große Zahl von Flüchtlingen nach Deutschland kam. Aufnahmemöglichkeiten hätten geschaffen werden müssen, wobei "Kreativität und Initiative gefragt" gewesen seien.
Lübcke sei stolz auf seine Mitarbeiter im Regierungspräsidium gewesen, die oft unbürokratisch und unkonventionell gehandelt hätten.
"Er wäre auch ein guter Pfarrer gewesen"
"Das hat ihm nicht nur Freunde gebracht", sagte Hein. "Unsägliches ist ihm ins Gesicht gesagt, Unsägliches geschrieben worden." Diese offene Aggressivität habe den evangelischen Christen Lübcke tief getroffen, "weil er fühlte, wie sehr die Menschlichkeit und ein humanes Miteinander gefährdet waren". Der promovierte Wirtschaftswissenschaftler war seit 2009 Regierungspräsident in Kassel.
Als sein "inneres Geländer" habe Lübcke immer wieder die Orientierung an christlichen Werten wie Nächstenliebe und Wahrhaftigkeit bezeichnet. Regelmäßig sei er zu den Eröffnungsgottesdiensten der Kirchensynode nach Hofgeismar gekommen. "Er war evangelischer Christ - und machte keinen Hehl daraus. Ich glaube, er wäre auch ein guter Pfarrer gewesen", sagte Hein.