Der theologische Vizepräsident der Evangelischen Kirche von Westfalen, Ulf Schlüter, fordert dringend mit Bund und Ländern über die Zukunft des Kirchenasyls zu verhandeln. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erkenne nur noch einen minimalen Teil der Fälle an, kritisierte Schlüter mit Blick auf den Weltflüchtlingstag am Donnerstag bei einer Veranstaltung auf dem 37. Deutschen Evangelischen Kirchentag in Dortmund. Die Behörde entscheide offensichtlich rein nach Aktenlage, ohne die persönliche Situation der jeweiligen Flüchtlinge zu prüfen.
An Grundlagen der Europäischen Union erinnern
Dadurch werde das Kirchenasyl ad absurdum geführt, sagte der Vizepräsident. Nach Angaben der bundesweiten Aktion "Asyl in der Kirche" gibt es derzeit insgesamt 422 Kirchenasyle, die insgesamt 671 Personen, darunter 143 Kinder, den Aufenthalt ermöglichen.
Die Migrationsfrage habe sich zu einem "Spaltpilz" in Europa entwickelt, sagte Schlüter. Daher sei es jetzt umso wichtiger, an die Grundlagen der Europäischen Union zu erinnern. Das Fundament seien unteilbare Menschenrechte und diese seien, insbesondere auch aus christlicher Sicht, gültig sowohl "für Menschen, die auf einem Boot oder in einer Villa in München sitzen".
Kritik am "Geordnete-Rückkehr-Gesetz"
Der Geschäftsführer der Organisation Pro Asyl, Günter Burkhardt, übte deutliche Kritik am "Geordnete-Rückkehr-Gesetz". Unter anderem sei nicht eindeutig geklärt, ob Wohlfahrtsverbände in den künftigen Ankerzentren Zugang zu den Flüchtlingen haben würden, sagte er. In einer neuen Fassung des Gesetzestextes blieben die Aussagen dazu vage. Burkhardt forderte die Bundesländer auf, im Bundesrat dem Gesetzeswerk nicht zuzustimmen, das bereits den Bundestag passiert hat. Durch das Gesetz würden auf die Länder erhebliche Zusatzkosten zukommen.
Auf EU-Ebene brauche man angesichts der Haltung von Ländern wie Österreich, Italien oder Ungarn jetzt eine "Koalition der Willigen", die ein klares Signal zur Aufnahme von Flüchtlingen setze, sagte Burkhardt. Man müsse auch darüber nachdenken, inwieweit für Staaten mit ablehnender Migrationspolitik Gelder aus dem EU-Haushalt gekürzt werden.