Wolfgang Trapp schwärmt über die Vielfalt von Gottesdienstformen in der Kirche. "Ich liebe vor allem Gottesdienste mit gregorianischer Musik", sagt der Aachener. "Aber ich kann mich auch für die Lobpreis-Gottesdienste der geistlichen Gemeinschaft Emmanuel mit ihrem modernen Liedgut begeistern." Trapp gehört zu einer Vierer-Gruppe, die darüber spricht, wie sich junge Leute wieder für Gottesdienste und Kirche interessieren lassen.
"Kirche muss sich ändern"
Geht das vor allem über moderne Musik und freies Gebet? Der Gesprächsprozess "Heute bei dir", mit dem das Bistum Aachen Wege in die Zukunft sucht, hat das Quartett am Samstag zusammengeführt.
Im Themenforum "Den Glauben leben" reden 150 Menschen in solchen Vierer-Gruppen im Aachener Bischöflichen Pius-Gymnasium intensiv über Aspekte wie Gottesdienst und Gebet oder Begleitung von Menschen auf ihrem Lebensweg. Das Format nennt sich "Word Cafe Spezial" und beruht auf dem Grundgedanken, dass drei Teilnehmer der Gruppe nach 20 Minuten die Runde wechseln, während einer als "Gastgeber" zurückbleibt. In der Gruppe um Wolfgang Trapp wird kritisch angemerkt, dass das Durchschnittsalter in Gottesdiensten von Jahr zu Jahr steige. "Als ich kürzlich sonntags die Messe besuchte, war der Priester mit 45 Jahren der mit Abstand Jüngste", berichtet Trapp. "Keine Frage: Die Kirche muss sich ändern."
Bezug zur Lebenswelt der Einzelnen
Während es in dieser Runde eher um einen losen Gedankenaustausch geht, ist das Vorgehen in anderen Gruppen streng zielorientiert. "Gottesdienst ist, wenn die Gegenwart Gottes erfahrbar wird", formuliert Pastoralreferentin und Schulseelsorgerin Lisa Franz. Sie habe Gottesdienste erlebt, in denen selbst Kirchenferne viel mitgenommen hätten, ergänzt die Grundschullehrerin Maria Bogedain. Entscheidend sei ein Bezug zur Lebenswelt.
"Besonders junge Leute wollen mit ihrem Leben im Gottesdienst vorkommen", merkt auch Lisa Franz an. "Da müssen wir mutige Schritte im Hinblick auf Sprache, Ausdruck und Form gehen und die Sehnsüchte der Menschen aufgreifen." Die Kirche von den Nutzern her denken - das ist auch in einer anderen Gruppe das große Anliegen. "Wir müssen eine Vielfalt von Angeboten machen, etwa theologische Stammtische oder Brunch-Gottesdienste", regt Pastoralreferent Franz-Josef Wolf an. Auch sei die Willkommenskultur der Kirche von ausschlaggebender Bedeutung, heißt es wiederholt.
Bischof Dieser: "Wir brauchen Charismen und Überzeugungen"
Was bei den Gesprächsrunden auffällt: Es geht hier sehr lebendig, inspirierend und wertschätzend zu; Engagement und Disziplin sind trotz großer Hitze bemerkenswert. Aber es fällt auch auf: In den Runden begegnen sich meist kirchlich Engagierte, regelmäßige Kirchgänger und etliche Angestellte der Kirche. Die Fernstehenden und Distanzierten, die ursprünglich mit dem Gesprächs- und Veränderungsprozess "Heute bei dir" erreicht werden sollten, findet man hier nicht. "Dass das nicht gelungen ist, das ist ein großes Defizit", räumt eine Hauptamtliche freimütig ein.
Der beachtlichen Debatten- und Streitkultur des Tages tut das aber keinen Abbruch. Immer wieder wird der Wunsch geäußert, dass der vor eineinhalb Jahren gestartete Gesprächs- und Veränderungsprozess Brücken in die Kirchengemeinden vor Ort schlagen solle. "Wir brauchen Ihre Charismen und Überzeugungen sowie Ihre Freude, sich auszutauschen", unterstreicht der Aachener Bischof Helmut Dieser zum Abschied. "Es ist ein Wunder, was hier geschieht. Der Prozess muss weitergehen."