Mitte Juni sorgte Eritrea weltweit für Schlagzeilen, als es die Verstaatlichung von 22 katholischen Krankenhäusern ankündigte. Brutal sei einigen Berichten zufolge das Durchgreifen der Regierung in Asmara gewesen. Diese habe Soldaten entsandt. Ärzte und Pfleger seien nach Hause geschickt, Patienten sich selbst überlassen worden.
Dass einige Kliniken in Klöstern untergebracht gewesen seien, störte die Sicherheitskräfte offenbar nicht. Offizielle Begründung für den Vorstoß: Das Gesetz sehe eine "Gewaltentrennung" vor und verbiete religiösen Gemeinschaften daher, "entwicklungsorientierte Aufgaben" nach Belieben auszuüben, hieß es.
Gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) nahm der Informationsminister des ostafrikanischen Landes, Yemane Gebremeskel, erstmals Stellung zu den Entwicklungen. Die Kritik der UNO und der Kirchenführer dürfte die Verteidigung kaum entkräften.
Katholische Kliniken sollen in Staatsbesitz übergehen
Mit Kampagnen und Protesten vor Botschaften mobilisierten Eritreas Regimegegner in den vergangenen Jahren rund um die Welt den Widerstand. Ihnen rät Informationsminister Yemane nun: Bevor sie Eritreas harte Hand kritisierten, sollten sie seine Gesetze in Relation setzen - auch die Religionsvorschriften.
"In den meisten multireligiösen und -kulturellen Gesellschaften existieren Regeln, die gegenseitige Toleranz und das Nebeneinander verschiedener Religionen lenken und verbessern." Das zeige auch der Blick nach Europa. Auch dort gebe es Gesetze, die etwa die Bauhöhe von Kirchen und Moscheen regelten, oder religiöse Kleidervorschriften wie das Kopftuchverbot. "Es ist also kein eritreisches Phänomen", so Yemane.
Die katholischen Kliniken sollen jetzt in Staatsbesitz übergehen. So will es das Gesetz, das 1995 erlassen, aber seither nicht umgesetzt wurde. "Die Ressourcen stammen ursprünglich aus öffentlichen Spenden. Folglich bleiben sie öffentliches Gut", ist Yemane überzeugt. Dass die Gesundheitsversorgung unter der Enteignung der Kirche leide, bestreitet er: "Die Gesundheitsdienste der katholischen Kirche sind unbedeutend im Vergleich zu dem weiten Netzwerk an Kliniken, Gesundheitsstationen und Krankenhäusern, die das staatliche Gesundheitsministerium betreibt."
Bischöfe rufen zu Reformen auf
Anders sehen das die Kirchenführer: "Die Regierung hat das Recht, unsere Dienste abzulehnen. Aber die Einrichtungen an sich zu reißen, ist einfach falsch", sagte Erzbischof Menghesteab Tesfamariam. Die Bischöfe vermuten als Grund hinter dem Vorgehen ihre jüngste Kritik - per Hirtenbrief hatten die Geistlichen zu Reformen aufgerufen.
Mahnungen kamen vor kurzem auch von Daniela Kravetz, UN-Sonderberichterstatterin für die Menschenrechte in Eritrea. Die UNO hat das Land, seit 1993 autokratisch von Präsident Isayas Afewerki regiert, schon länger auf dem Radar. Aktivisten werfen seinem Regime Menschenrechtsverletzungen vor, die jedes Jahr Tausende in die Flucht treiben. Ende Juni warf Kravetz Eritrea Christenverfolgung vor: 171 Anhänger einer freikirchlichen Pfingstbewegung seien während Gottesdiensten festgenommen worden.
Ebenso fünf Priester, die die Regierung für ihre Mitsprache in Glaubensangelegenheiten tadelten. "Diese Aktionen zeigen, dass die Menschenrechtssituation in Eritrea unverändert bleibt", so UN-Expertin Kravetz in Genf.
UN-Beobachter dürfen nicht einreisen
In Asmara hat Informationsminister Yemane eine andere Erklärung: Ein souveräner Staat wehrt sich gegen äußeren Einfluss. Offiziell erkennt Eritrea vier Konfessionen an: die katholische, eritreisch-orthodoxe und evangelisch-lutherische Kirche sowie den sunnitischen Islam.prot
"Wir sprechen hier von einer tief religiösen Gesellschaft, deren christliche und muslimische Wurzeln bis in die Antike zurückreichen. Unsere Regierung kann das Recht der Bürger auf Glauben nicht einschränken. Aber mit neuen, auslandsfinanzierten Glaubensbewegungen ist es eben eine andere Sache."
Fraglich bleibt, ob Kravetz und Yemane ihren Disput irgendwann persönlich statt ausschließlich über Medienberichte weiterführen. Bisher hat Eritreas Regierung der UN-Beobachterin die Einreise verweigert.
Von Markus Schönherr