Himmelsscheibe von Nebra vor 20 Jahren entdeckt

Raubfund auf dem Mittelberg

Vor 3.600 Jahren vergraben und vor 20 Jahren illegal ausgegraben: Die Entdeckung der Himmelsscheibe von Nebra war eine Weltsensation. Die Scheibe zeigt die älteste konkrete Darstellung des Himmels und gibt Einblicke in das Wissen der Vorfahren.

Autor/in:
Romy Richter
Himmelsscheibe von Nebra im Gropius-Bau / © Soeren Stache (dpa)
Himmelsscheibe von Nebra im Gropius-Bau / © Soeren Stache ( dpa )

Die kleine Bronzeplatte mit goldenem Mond und Sternen gehört mittlerweile zum Unesco-Weltdokumentenerbe: die berühmte Himmelsscheibe von Nebra. Die mehr als 3.600 Jahre alte Scheibe gilt als die älteste konkrete Darstellung kosmischer Phänomene und ist einer der bedeutendsten archäologischen Funde des vergangenen Jahrhunderts.

Vor 20 Jahren wurde sie in Sachsen-Anhalt bei Nebra im Burgenlandkreis eher zufällig entdeckt, illegal von Raubgräbern ausgegraben und kam erst einige Jahre später nach Halle in das Landesmuseum für Vorgeschichte. In einer spektakulären Aktion wurde der Fund, drei Jahre nach seiner Entdeckung, im schweizerischen Basel nach langer Odyssee sichergestellt.

Vor über 3.600 Jahren vergraben

Zeitlich bestimmen ließ sich, dass die Himmelsscheibe vor 3.600 Jahren vergraben wurde. Da sie zuvor im Umlauf war und mehrfach überarbeitet wurde, muss sie also noch älter sein. Fast wäre dieser wertvolle Schatz für die Öffentlichkeit verloren gegangen.

Am 4. Juli 1999 gingen zwei Raubgräber aus Sachsen-Anhalt mit ihren Sonden auf den Mittelberg bei Nebra und entdeckten dabei mehrere Objekte aus der frühen Bronzezeit, darunter Schwerter und ein Beil und auch die Himmelsscheibe von Nebra, die sie zunächst für ein Schild hielten.

Bei der unsachgemäßen Ausgrabung und Reinigung wurde die Scheibe stark beschädigt. Nur einen Tag später verkauften die Raubgräber den gesamten Fund für rund 30.000 D-Mark an einen Händler, und damit verschwand die Himmelsscheibe erst einmal wieder aus Sachsen-Anhalt.

Abenteuerliche Sicherstellung in Basel

Als Fundort der Himmelsscheibe wurde auf dem Schwarzmarkt zunächst als Ortsmarke nur "bei Sangerhausen, Sachsen-Anhalt" angegeben. Später versuchten die unrechtmäßigen Besitzer die Scheibe an verschiedene Institutionen, unter anderem in Berlin, zu verkaufen.

700.000 D-Mark sollen die Händler verlangt haben. Schließlich wurde die Scheibe im Jahr 2002 in einem Hotel in Basel in einer abenteuerlichen Aktion sichergestellt. Sachsen-Anhalts Landesarchäologe Harald Meller hatte sich als vermeintlicher Kaufinteressent ausgegeben. Die Schweizer Polizei konnte die Himmelsscheibe jedoch beschlagnahmen und die Hehler verhaften.

Seitdem fasziniert der Sensationsfund nach wie vor Wissenschaftler wie Besucher des Landesmuseums für Vorgeschichte in Halle. Dort ist die Himmelsscheibe nach umfangreicher Restaurierung in der Dauerausstellung zu sehen. Nahe des damaligen Fundortes, der durch die späteren Aussagen der Raubgräber und durch wissenschaftliche Untersuchungen genau bestimmt wurde, wurde 2007 das Besucherzentrum Arche Nebra eröffnet.

Allein das Besucherzentrum zieht jährlich mehr als 55.000 Interessenten an, im vergangenen Jahr waren es 62.000 Gäste. Deutlich mehr Besucher zählt das Landesmuseum in Halle mit jährlich 100.000 Gästen. Dort wird das Original gehütet und nur äußerst selten und in besonderen Ausnahmefällen verliehen.

Internationales Interesse an der archäologischen Sensation

So war die Himmelsscheibe im vergangenen Jahr für eine kurze Zeitspanne im Berliner Gropius-Bau zu sehen gewesen, wurde unter hohen Sicherheitsvorkehrungen in die Bundeshauptstadt gebracht und nach einiger Zeit in der Archäologie-Ausstellung "Bewegte Zeiten" aber schnell durch eine hochwertige Kopie ersetzt.

Zudem war die Himmelsscheibe bereits in Mannheim, Wien, Kopenhagen und Basel zu Gast. Aktuell laufen noch Gespräche mit dem Britischen Museum in London, das die Himmelsscheibe gern im Sommer 2021 in einer Ausstellung zeigen will.

Der Wert der Himmelsscheibe lässt sich Experten zufolge eigentlich nicht beziffern. Im sehr unwahrscheinlichen Fall einer Versteigerung würde sie aber sicher 100 Millionen Euro erzielen. Noch heute gibt sie auch immer wieder Anlass für wissenschaftliche Untersuchungen.

Erst vor wenigen Wochen fanden die Forscher heraus, dass ein fehlender Horizontbogen auf der Scheibe auch aus Gold gewesen sein muss.


Quelle:
epd