Der Münsteraner katholische Bischof Felix Genn hat in der Debatte um Flüchtlinge auf dem Mittelmeer den Seenotrettern den Rücken gestärkt. "Menschen, die Leben retten, können keine Verbrecher sein", sagte Genn am Sonntag in Münster. Gesetze, die dies nahelegten, seien falsch, ganz gleich, wie laut geschrien werde.
"Rechtsstaat muss für Menschlichkeit eintreten"
Es brauche einen Rechtsstaat, damit Menschen vor Unrecht geschützt würden, fügte Genn hinzu. "Aber der Rechtsstaat tritt für Menschlichkeit ein, nicht dagegen." Der Bischof äußerte sich bei einer Messe im Rahmen der Großen Prozession. Sie fand erstmals im Jahr 1383 statt und geht auf ein Gelübde von Kirche und Bürgerschaft zurück. Damals gab es in Münster eine Pestkatastrophe mit rund 8.000 Toten und einen Großbrand, der große Teile der Stadt verwüstete.
Katharina Barley: Seenotrettung ist "humanitäre Verpflichtung"
Die Vizepräsidentin des EU-Parlaments, Katarina Barley (SPD), hat die Flüchtlingspolitik des italienischen Innenministers Matteo Salvini als "unmenschlich, unverantwortlich und beschämend" kritisiert. Der rechtspopulistische Politiker sabotiere willentlich die Rettung aus Seenot und nehme damit den Tod hunderter Menschen in Kauf, die verzweifelt nach Sicherheit suchten, sagte Barley den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Seenotrettung ist eine humanitäre Verpflichtung und nichts Kriminelles, das muss völlig klar sein."
Reformen des europäischen Asylrechts dürften nicht weiter blockiert werden, sagte Barley. Zudem müsse Europa dringend legale Wege zur Einwanderung und Arbeitsmigration schaffen. "Anders wird sich die Lage im Mittelmeer nicht unter Kontrolle bringen lassen, solange die Lage in den Herkunftsregionen katastrophal ist", warnte die SPD-Politikerin. Sie schlug vor, Kommunen, die Flüchtlinge aufnehmen wollen, über einen europäischen Flüchtlingsfonds zu unterstützen.
Jean Asselbron: "Neue EU-Mission starten"
Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn hat eine neue EU-Seerettungsmission im zentralen Mittelmeer gefordert. "Es ist in der derzeitigen Kriegslage in Libyen unausweichlich, dass Menschen versuchen, über das Mittelmeer aus dem Land zu fliehen", sagte er der Tageszeitung "Die Welt" am Sonntag. Die Europäische Union solle daher schnell mit Schiffen der Mitgliedstaaten eine neue Seerettungsmission im Mittelmeer starten, um Flüchtlinge und Migranten vor dem Ertrinken zu retten.
Damit könnte die EU die Arbeit der privaten Hilfsorganisationen auf dem Mittelmeer unterstützen, erklärte der Migrations-Experte. Asselborn: Die so geretteten Menschen sollten anschließend in Häfen am Mittelmeer, die zuvor als Aufnahmeplätze festgelegt worden sind, gebracht werden. Diese Häfen sollten nicht nur in Italien liegen. In diesen Häfen sollte geschlossene Aufnahmestrukturen (Hot Spots) eingerichtet werden." Dort müsse dann darüber entschieden werden, ob die Geretteten Anspruch auf Asyl nach der Genfer Konvention haben.
Falls das nicht der Fall sei, sollte der Migrant in würdevoller Weise und mit Unterstützung der Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen und der Internationalen Organisation für Migration" in sein Heimatland zurückgebracht werden, fügte Asselborn hinzu. "Wer hingegen schutzbedürftig ist, soll nach einem vorher festgelegten Schlüssel, der sich an der Einwohnerzahl und der Wirtschaftskraft eines Landes orientiert, auf alle 28 EU-Staaten verteilt werden", erklärte Asselborn.
"Ich betone aber, dass es hier nicht um Hunderttausende oder Zehntausende, sondern lediglich um einige tausend Menschen im Jahr handelt", erklärte Asselborn weiter. Die Einigung über einen Verteilungsschlüssel sollte jetzt "ganz schnell" herbeigeführt werden und "Europa damit zeigen, dass wir in menschenwürdiger Weise handlungsfähig sind", betonte der Luxemburger Politiker.