Nach den Vorstellungen von Maas (SPD) soll Deutschland bei der Verteilung von aus dem Mittelmeer geretteten Flüchtlingen eine Vorreiterrolle übernehmen. Lindner warb für eine staatliche Seenotrettung, die Migranten "aber nicht nach Europa bringt, sondern zunächst an den Ausgangspunkt der jeweiligen Reise".
Bündnis der Hilfsbereiten für "verbindlichen Verteilmechanismus" nötig
Maas sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: "Wir müssen jetzt mit den Mitgliedstaaten vorangehen, die bereit sind, Geflüchtete aufzunehmen - alle anderen bleiben eingeladen, sich zu beteiligen." Notwendig sei "ein Bündnis der Hilfsbereiten für einen verbindlichen Verteilmechanismus", betonte Maas und stellte eine verlässliche Beteiligung Deutschlands in Aussicht: "Unser Angebot steht: Deutschland ist bereit, einen substanziellen Beitrag zu leisten und zu garantieren, immer ein festes Kontingent an Geretteten zu übernehmen."
Eine Einigung zur Seenotrettung im Mittelmeer dürfe nicht länger am Streit um die Verteilung der Geretteten scheitern. "Mit dieser Blockade muss endlich Schluss sein", forderte Maas. "Weder die Retter noch die Geretteten können länger warten, bis sich auch der letzte Mitgliedstaat in der EU bereit erklärt, Gerettete zu übernehmen."
FDP-Chef Lindner plädiert für Änderung der deutschen Einwanderungspolitik
FDP-Chef Christian Lindner sprach sich gegenüber den Zeitungen der Funke Mediengruppe für einen Kurswechsel aus. "Unterlassene Hilfeleistung ist nicht zu rechtfertigen. Auf der anderen Seite darf es keine Beihilfe zur Schlepperkriminalität bei Wirtschaftsmigranten geben", sagte er. "Die Lösung muss darin liegen, dass wir mit dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen in Nordafrika menschenwürdige Unterbringungsmöglichkeiten und legale Fluchtwege nach Europa schaffen."
Zudem verlangte Lindner eine Änderung der deutschen Einwanderungspolitik und eine Reduzierung der illegalen Migration. "Dann wird es auch gelingen, die legal Schutzsuchenden fair in Europa zu verteilen", sagte er. "Leider geht bei uns alles durcheinander: Jeder, der auf dem Seeweg nach Europa kommt, wird als Flüchtling bezeichnet. Wir müssen der Wahrheit ins Auge blicken, dass darunter auch nicht verfolgte Wirtschaftsmigranten sind, die keine legale Bleibemöglichkeit haben."
Kritik auch aus kirchlichen Kreisen
Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick hob unterdessen hervor, christliche Barmherzigkeit gelte ausnahmslos und ohne Präferenzen für alle. "Deshalb ist es inakzeptabel, dass wir Menschen im Mittelmeer ertrinken lassen", sagte er am Sonntag in seiner Predigt zum Bamberger Heinrichsfest.
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, begrüßte den Vorschlag des Bundesaußenministers, demzufolge Deutschland eine Vorreiterrolle bei der Flüchtlingsrettung einnehmen soll. "Jetzt müssen Taten folgen und zwar so schnell wie möglich", sagte der bayerische Landesbischof am Montag dem Radiosender Bayern2.
Man könne dabei auch nicht warten, bis alle Länder mitmachten. Sondern diejenigen, die zur Rettung und Aufnahme bereit seien, müssten sich zusammenschließen, erläuterte Bedford-Strohm.
"Seenotrettung Aufgabe des Staates"
Zugleich betonte der EKD-Ratsvorsitzende vor Beratungen der EU-Außenminister am Montag in Brüssel, dass es "natürlich Aufgabe des Staates" sei, Menschen im Mittelmeer aus Seenot zu retten. Der evangelische Theologe kritisierte erneut die ersatzlose Streichung der EU-Rettungsmission "Sophia", mit der Schleppernetzwerke zerstört und Flüchtlinge aus Seenot gerettet werden sollten. Wenn Europa seine christliche Grundorientierung ernst nehme, müsse es auch Flüchtlinge aus dem Mittelmeer retten, betonte er.
Bedford-Strohm bekräftigte die Pläne der EKD, sich an einem eigenen Seenotrettungsschiff zu beteiligen. Möglicherweise könne schon im September eine Entscheidung darüber fallen. "Wir haben beschlossen, ein Konzept auszuarbeiten, das eine breite zivilgesellschaftliche Basis für solch ein Schiff sicherstellt. Und wir wollen uns als Kirche daran beteiligen", fügte Bedford-Strohm hinzu.