Flaggschiff der EU-Flüchtlingspolitik im Mittelmeer war jahrelang die Operation "Sophia". Hauptziel der im Juni 2015 gestarteten Militärmission ist es, Menschenschmugglern und Schleppern das Handwerk zu legen. Daneben waren die Schiffe auch als staatliche Seenotretter unterwegs. Allein die deutsche Marine rettete nach Angaben von Anfang des Jahres 22.500 Menschen.
Das aktuelle "Sophia"-Mandat läuft zwar noch bis Ende September. Doch wegen des Streits um die Flüchtlinge hat die Operation derzeit nur sieben Fluggeräte im Einsatz und kein einziges Schiff.
Private Seenotrettung
Nicht zuletzt angesichts dieser Lage machen sich immer wieder private Rettungsschiffe wie die "Sea-Watch 3" unter Kapitänin Carola Rackete auf ins Mittelmeer. Von ihnen gerettete Flüchtlinge werden von Italien oder Malta aber gar nicht oder erst dann an Land gelassen, wenn sich andere Staaten zur Übernahme bereiterklären.
In diesen Fällen hilft immer wieder die Brüsseler EU-Kommission bei der Koordination. Deutschland gehörte bisher immer zu den Ländern, die letztenendes Menschen aufnahmen. Den Rettern zufolge sind die Geflüchteten dann oft schon am Ende ihrer Kräfte.
Diskussion über Ad-hoc-Mechanismus
Um dieses von vielen als unwürdiges Schauspiel angesehene Prozedere zu vermeiden, wird schon seit Längerem über einen sogenannten Ad-hoc-Mechanismus gesprochen. Dabei soll im Voraus feststehen, was nach der Rettung passiert und welche Länder Menschen aufnehmen. Die Bundesregierung hat die Idee nun wiederaufgegriffen.
Berlin verzichtet ausdrücklich darauf, dass sich alle EU-Mitglieder beteiligen. Vielmehr gehe es um ein "Bündnis der Hilfsbereiten für einen verbindlichen Verteilmechanismus", wie Außenminister Heiko Maas am Wochenende sagte. Innenminister Horst Seehofer (CSU) wollte das in Helsinki vertreten und gleichgesinnte EU-Partnerländer finden.
Forderungen nach Rücktransport
Immer wieder wird insbesondere aus dem rechten politischen Spektrum auch die Forderung erhoben, Flüchtlinge direkt nach Afrika zurückzubringen. Im Juni 2018 hatten sich bereits die EU-Staats- und Regierungschefs bei einem Gipfel darauf verständigt, das Konzept "regionaler Ausschiffungsplattformen" in Nicht-EU-Ländern auszuloten.
Am Montag wiederholte der Unions-Fraktionsvize im Bundestag, Thorsten Frei (CDU), im Deutschlandfunk diese Forderung. Die derzeitigen Lager in Libyen nahm er als "völlig inakzeptabel" ausdrücklich aus.
Gegenläufige Programme
Unterdessen gehört es auch zur EU-Politik, Menschen aus den berüchtigten Lagern herauszuholen. Gemeinsam mit der Afrikanischen Union und den Vereinten Nationen läuft seit Ende 2017 eine Operation, durch die Migranten aus libyschen Lagern in ihre Heimat zurückgeführt und ein kleiner Teil als Flüchtlinge in sichere Länder in der EU und anderswo auf der Welt gebracht werden.
Es überschneidet sich mit einem Programm, bei dem 50.000 schutzbedürftige Menschen aus Afrika und dem Nahen Osten legal und sicher in die EU geholt werden sollen. Zugleich wird allerdings die libysche Küstenwache, die Migranten vom Mittelmeer nach Libyen zurückbringt, mit Geld und Training aus Europa ertüchtigt.
Reform des Dublin-Systems
Als wesentlich für eine Langfristlösung in der Flüchtlingspolitik gilt vielen weiter die Reform der Dublin-Verordnung. Diese würde zudem nicht nur auf dem Mittelmeer gerettete Migranten betreffen, sondern auch die, die es auf eigene Faust bis nach Europa schaffen.
Die Dublin-Verordnung regelt, welches Land für einen Asylbewerber zuständig ist. Nach derzeitiger Fassung ist das meist das Ersteinreiseland, also de facto die EU-Mittelmeeranrainer. Eine Reform zur gerechteren Verteilung schlug die EU-Kommission schon im Mai 2016 vor. Ende 2017 hatte das damalige Europaparlament seine Position zur Reform fertig. Blockiert wird die Reform im Rat, der Vertretung der EU-Mitgliedstaaten.