Auch diese Bilder gingen im Juli 1969 um die Welt: Papst Paul VI. in weißem Gewand vor dem Fernseher, bewundernd zurückgelehnt und begeistert in die Hände klatschend. Die Eroberung des Mondes war auch eine mediale Inszenierung - und Paul VI. war von der ersten Reise des Menschen zum Erdtrabanten fasziniert.
Zudem wollte er demonstrieren: Die Kirche begleitet den technischen Fortschritt nicht ablehnend, sondern positiv - solange er dem Ziel der menschlichen Entwicklung dient.
Apollo-Mission Teil des Sonntagsgebets
Schon beim Sonntagsgebet vor dem Start von "Apollo 11" vor 50 Jahren sagte Paul VI. vor den Gläubigen auf dem Petersplatz: "Wir beten heute für die Denker und die Helden dieses märchenhaften Unternehmens." Es wecke neue Erwartungen, die die menschliche Vorstellungskraft derzeit noch gar nicht ermessen könne. Im Mittelpunkt stehe der Mensch; er zeige sich in Gottes Schöpfung "riesengroß" und göttlich; zwar nicht "in sich", aber nach seiner Bestimmung und seinem Schicksal.
In der Nacht der Mondlandung begab sich Paul VI. in die päpstliche Sternwarte in Castel Gandolfo, schaute mit dem Teleskop erst buchstäblich in den Mond und verfolgte das Geschehen dann am Fernseher. Am Ende sprach er die Techniker und die drei Astronauten in einer Live-Botschaft in englischer Sprache direkt an und sagte:
"Ehre allen, die vor ihren wunderbaren Apparaten sitzend dieses Unternehmen leiten", und: "Ehre, Gruß und Segen gilt euch, Eroberer des Mondes, des bleiches Lichts unserer Nächte und unserer Träume! Tragt zu ihm die Stimme des menschlichen Geistes, das Loblied auf Gott, unseren Schöpfer und Vater. Wir sind euch mit unseren Wünschen und Gebeten nahe."
Ulkig: Eine weitere Botschaft, die bereits vorab an die Nasa übersandt worden war, wurde gemeinsam mit ähnlichen Grüßen in einer Mikrofilmkapsel auf dem Mond deponiert - so lesbar für künftige Generationen wie heute etwa ein PDF oder ein jpg.
Der neue Leiter der vatikanischen Kleruskongregation, der US-amerikanische Kurienkardinal John Joseph Wright, verbrachte offenbar die entscheidende Nacht zu lange vor dem Fernseher: Seine gesamte Behörde blieb am 22. Juli geschlossen, wie die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) damals meldete.
Empfang der Crew im Vatikan
Knapp drei Monate nach der historischen Landung, am 16. Oktober 1969, empfing Paul VI. die "Apollo 11"-Missionare im Vatikan. Wie bei solchen Anlässen üblich, wurden Geschenke ausgetauscht. Der Papst überreichte Neil Armstrong, Edwin "Buzz" Aldrin und Michael Collins eine Statuette der Heiligen Drei Könige, die wie sie einst in ein unbekanntes Land aufgebrochen waren - im Dienst der Wahrheit.
Die drei Astronauten revanchierten sich mit einem Stück Mondgestein mit der US-Flagge - das heute in den Vatikanischen Museen zu besichtigen ist. In seiner Ansprache griff Paul VI. Armstrongs berühmtes Wort vom "riesigen Sprung für die Menschheit" auf. Der Mensch habe tatsächlich mit Gottes Hilfe einen großen Schritt hin zu mehr Erkenntnis getan.
All diese Worte, Gesten und Aktionen, so der Historiker Jörg Ernesti, hatten die Botschaft: Der technische Fortschritt stimmt die Kirche nicht ängstlich, sondern optimistisch! Doch er darf kein Selbstzweck sein; er müsse "das Zusammenleben der Menschen erleichtern und die Lebenschancen der Bedrängten fördern". Es schien, meint Ernesti, dass Paul VI. "das alte galileische Missverständnis, die Feindschaft zwischen Naturwissenschaft und Theologie, aus der Welt räumen" wollte.
Diesen Kurs vertrat Paul VI. bereits, als er im Juli 1963 - nur wenige Monate vor dessen Ermordung - den jung-dynamischen (und katholischen) US-Präsidenten John F. Kennedy im Vatikan empfing.
Damals segnete er Kennedys ehrgeiziges "Apollo"-Programm; die Raumfahrt möge "zur Ehre Gottes beitragen, des Schöpfers und höchsten Lenkers der Welt". Sie solle zudem einen "friedlichen Fortschritt einleiten, der die Menschen zu einer universalen brüderlichen Gemeinschaft zusammenschließt".
Noch ein Besuch einer Astronauten-Crew
Noch ein weiteres Mal, nach der "Apollo 17"-Mission, empfing Paul VI. 1973 US-Astronauten im Vatikan. Auch damals erhielt er Mondgestein als Geschenk; es liegt heute in der päpstlichen Sternwarte in Castel Gandolfo. Wie viel "universale brüderliche Gemeinschaft" aus dem Abenteuer Mond erwachsen ist? Vielleicht sehen wir in 50 weiteren Jahren klarer.
Und noch ein kleiner Schritt für einen Menschen übrigens: Als "Apollo 11" bereits im All unterwegs war, erhielt in diesem Juli 1969 ein gewisser Joseph Ratzinger, damals Theologieprofessor im linken Tübingen, seinen Ruf für Dogmatik an die Uni Regensburg. Am Ende sollte für Benedikt XVI. der Papstthron stehen.