Von amerikanischen Reiseveranstaltern war es eine der ersten Fragen, die die Oberammergauer bei ihrer Werbetour in Übersee zu hören bekamen: Was tut ihr für die Sicherheit der Besucher? Schon seit 2016 sei den Verantwortlichen der Passionsspiele für 2020 aber klar gewesen, dass man dieses Mal ein eigenes großes Sicherheitskonzept benötigen würde, wie es am vergangenen Donnerstag bei der Präsentation des Plans in Oberammergau hieß.
Nicht, dass man früher nur auf Gott vertraut hätte - aber angesichts der sich verändernden nationalen und internationalen Lage gehöre so etwas dieser Tag für Großveranstaltungen einfach dazu.
Alle Dinge, die größer als ein DIN A4-Format haben, müssen abgegeben werden
Mit der Firma SecureLINE, die auch schon die Salzburger Festspiele sicherheitstechnisch betreute, wurde ein entsprechender Partner gefunden. So konnte ein normgerechtes Risikomanagement für Besucher, Mitarbeiter und Darsteller erarbeitet werden. Zudem entstand ein dynamisches Konzept, das drei unterschiedliche Sicherheitslagen vorsieht. Darin eingebunden sind Polizei, Feuerwehr und Sanitätsdienst.
Viel davon merken werden die Besucher nicht, sind die Veranstalter überzeugt. Außer dass, wer ins Passionsspielhaus will, vorher durch Schleusen muss. Sperrgegenstände wie Stockschirme oder Koffer - überhaupt alle Dinge, die größer als das Format DIN A4 sind - müssen abgegeben werden. Eigene Aufbewahrungsstätten sind vorgesehen. Wärmende Decken können weiter mitgenommen werden, wie versichert wurde; nur ganze Biwack-Ausrüstungen sind im Zuschauerraum nicht erlaubt.
Frederik Mayet, Pressesprecher der Spiele sowie Jesus-Darsteller 2010 und 2020, hofft, dass er zum letzte Mal öffentlich über den Sicherheitsplan reden musste. So wie er wünschen sich alle Verantwortlichen, dass auch die 42. Passionsspiele gut über die Bühne gehen werden und es keine größeren Aufregungen gibt. Aber passieren kann immer mal etwas: 1970 trat die Ammer nach heftigen Regenfällen über die Ufer, so dass Wasser ins Theater lief. Vorstellungen mussten abgesagt werden. Der Blitz schlug noch nicht ein, selbst vor "Nestroys Komet", den der österreichische Sicherheitsberater ins Spiel brachte, blieb man bisher verschont.
Wetter- und Umweltbedingungen
Mayet erlebte selbst, als er mit "seinen" Jüngern 2010 mitten in der Ölbergszene war, dass ein starker Hagelschauer über die nach oben offene Bühne herniederging. Das schützende Zeltdach, das eine gewisse Zeit benötige, um komplett ausgefahren zu werden, war nicht schnell genug. So sei eine Besucherin am Kopf durch ein Hagelkorn getroffen worden. Mitten in seiner schweren Stunde als Jesus entschied Mayet kurzfristig abzubrechen. Nachdem sich alles wieder beruhigt hatte, setzte er auf der Bühne seinen Leidensweg fort.
Die Kosten für das Konzept belaufen sich voraussichtlich auf "eine Millionen Euro plus x", wie der zweite Bürgermeister, Eugen Huber, erklärte. Wobei für Personal etwa 600.000 Euro und für technische Einrichtungen an die 400.000 Euro anfielen. Getragen werde diese Summe vom Eigenbetrieb Kultur. Auch das Verkehrskonzept, das rund um die Zugangstellen zum Passionsspielhaus schützende Poller vorsieht, steht bereit für die 103 Spieltage in der Zeit vom 16. Mai bis 4. Oktober. An die 500.000 Besucher werden insgesamt erwartet, pro Vorstellung können rund 4.400 Personen dabei sein.
Innerhalb des Orts wird es Shuttledienste geben, die die Menschen von den Parkplätzen Richtung Theater bringen. Weitere sind eingerichtet, um Besucher in der Pause zu jenen Plätzen zu chauffieren, an denen sie ihr Abendessen erhalten. Erleichtern würde es die Sache ungemein, wenn die Leute nicht mit dem eigenen Wagen, sondern mit dem Nahverkehr kämen, so Huber. Die Bahn habe angekündigt, eigens zur Passionsspielzeit ihren Fahrplan zu ändern, so dass wirklich jeder nach der Auferstehung Jesu den Zug nach München erreichen könne. Solche weltlichen Wunder sollte man sich eigentlich nicht entgehen lassen.