Was ist die Kirchensteuer?
In Deutschland ist die Kirchensteuer eine verpflichtende Abgabe der Kirchenmitglieder an ihre Religionsgemeinschaft. Die Höhe legt die Kirchenleitung fest, das jeweilige Landesparlament setzt sie in Kraft. Die Kirchensteuer beträgt in der Regel neun Prozent der Lohn- oder Einkommensteuer, in Baden-Württemberg und Bayern acht Prozent.
Auch auf Kapitalerträge ist Kirchensteuer fällig. Der Beitrag wird über das staatliche Finanzamt eingezogen und an die Kirchen weitergegeben. Der Staat erhält für diesen Dienst etwa drei Prozent des Steueraufkommens.
Seit wann gibt es die Kirchensteuer?
Sie wurde 1919 in der heutigen Form eingeführt und dokumentiert die rechtliche und funktionale Stellung von Kirche und Staat. Sie sichert die finanzielle Unabhängigkeit der Kirche vom Staat. Vorher wurde die Kirche als eine öffentliche Angelegenheit betrachtet und erheblich durch staatliche Gelder finanziert.
Wer darf Kirchensteuer erheben?
Das Recht, Kirchensteuer nach Maßgabe der Kirchensteuergesetze der Länder zu erheben, steht allen Religionsgemeinschaften offen, die Körperschaften öffentlichen Rechts sind. Dazu gehören neben den katholischen Bistümern und EKD-Gliedkirchen die jüdischen Gemeinden und Religionsgemeinschaften, die alt-katholischen Bistümer und einige freireligiöse Gemeinden.
Wie hoch sind die Steuereinnahmen für die Kirchen?
Im Jahr 2018 erhielt die katholische Kirche in Deutschland 6,643 Milliarden Euro Kirchensteuer und die evangelische Kirche 5,790 Milliarden. Im Vergleich zu 2017 (12,1 Milliarden Euro) stieg die Summe um rund 2,7 Prozent und erreichte mit etwa 12,4 Milliarden Euro ein Rekordhoch - obwohl die Zahl der Kirchenmitglieder in Deutschland
2018 um rund 700.000 auf 44,14 Millionen sank. Die Kirchen finanzieren aus den Einnahmen vor allem die laufenden Kosten für ihr Personal in Seelsorge, Schulen und sozialen Einrichtungen.
Wie entwickelt sich die Kirchensteuer?
Hauptgrund für den seit Jahren anhaltenden Anstieg trotz Mitgliederrückgangs ist die gute Wirtschafts- und Beschäftigungslage.
Mit den Löhnen und Einkommen in Deutschland steigen Lohn- und Einkommensteuer und folglich auch die Kirchensteuer. Eine von den beiden Kirchen im Mai veröffentlichte Studie prognostiziert, dass sich die Kaufkraft der Kirchensteuereinnahmen bis 2060 in etwa halbieren werde. Wenn die Analysen zutreffen, werden in 40 Jahren noch 29 Prozent der deutschen Bevölkerung einer der großen Kirchen angehören; derzeit sind es 53,2 Prozent.
Die jährlichen Kirchensteuereinnahmen der katholischen Kirche übertreffen seit Mitte der 1980er Jahre die der Evangelischen Kirche in Deutschland. Bis 1983 lagen die Protestanten vorne.
Wer zahlt Kirchensteuer?
Von den 44,14 Millionen Mitgliedern der katholischen und evangelischen Kirche in Deutschland zahlt nur knapp die Hälfte Kirchensteuer. Nach Angaben der Bischofskonferenz kommen rund 37 Prozent der Katholiken für 97 Prozent der Kirchensteuer auf. Kinder und Jugendliche ohne Einkommen, Menschen mit geringer Rente und Arbeitslose zahlen keine Lohn- und Einkommensteuer und daher auch keine Kirchensteuer. Eine Ausnahme sind mancherorts Allgemeine Kirchgelder; sie werden von Kirchengemeinden erhoben, machen aber nur Kleinstbeträge aus.
Wieso geht die Kirchensteuer nicht direkt an die Gemeinden?
Ein solches System hätte zur Folge, dass eine Kirchengemeinde mit einkommensstärkeren Menschen mehr Geld zur Verfügung hätte als eine Gemeinde, in der viele Arbeitslose und Geringverdiener wohnen. Die Verwaltung der Kirchensteuer durch ein Bistum nach Vorgaben des Kirchensteuerrates garantiert jeder Gemeinde eine angemessene Grundausstattung, unabhängig vom Kirchensteueraufkommen in ihrem Bereich.
Welche Alternativen gibt es international zur Kirchensteuer?
In Österreich, der deutschsprachigen Schweiz sowie in Schweden, Finnland und Dänemark bestehen Deutschland-ähnliche Kirchensteuersysteme. In den USA, Frankreich, Portugal, Irland und den Niederlanden gibt es Spenden- und Kollektensysteme. Steuerliche Lösungen haben zwar auch Italien, Spanien, Ungarn und anderen Staaten; diese sind jedoch fundamental anders als in Deutschland.
Norwegen und Belgien greifen auf einen Teil Kirchenfinanzierung durch den Staat zurück.