Zivile Seenotretter und die Mittelmeer-Anrainerstaaten Italien, Malta und Spanien ringen erneut um die Anlandung von Flüchtlingen. Das spanische Rettungsschiff "Open Arms" verbrachte am Donnerstag mit über 120 Flüchtlingen den siebten Tag auf See - ohne eine Perspektive, die Menschen an Land bringen zu können.
Malta verweigerte derweil der "Ocean Viking" die Genehmigung, in seinen Hoheitsgewässern aufzutanken. Amnesty International erhob schwere Vorwürfe gegen die EU-Staaten: Die Politiker verletzten schamlos ihre Verantwortung gegenüber internationalem Recht, wenn sie den Menschen einen sicheren Hafen verweigerten.
Evangelische Kirche in Italien will "Open-Arms"-Flüchtlinge aufnehmen
Die "Open Arms" des spanischen Hilfsvereins Proactiva Open Arms hatte am 1. August 123 Flüchtlinge in zwei Einsätzen vor der libyschen Küsten aufgenommen. Italien nahm zwei schwangere Frauen von Bord, verabschiedete aber vor zwei Tagen ein neues Sicherheitsgesetz, das harte Strafen für zivile Seenotretter vorsieht, die unerlaubt in italienische Hoheitsgewässer fahren. Seither pendelt die "Open Arms" zwischen Italien und Malta.
Um wenigstens die 30 Minderjährigen von Bord gehen zu lassen, legte Proactiva Open Arms vor den zuständigen Gerichten für Kinder und Jugendliche in Palermo auf Sizilien Beschwerde ein und verlangten, den Minderjährigen Erziehungsberechtigte zur Seite zu stellen.
Die evangelischen Kirchen in Italien sind bereit, die von "Open Arms" an Bord genommenen Migranten aufzunehmen. Das haben der Vorsitzende der evangelischen Kirchen in Italien, Luca Maria Negro, und der Moderator der "Waldensischen Tafel", Pfarrer Eugenio Bernardini, in einem Brief an Ministerpräsident Giuseppe Conte erklärt. Wie der Pressedienst der italienischen evangelischen Kirchen NEV am Donnerstag weiter mitteilte, ging ein entsprechendes Schreiben auch an Innenminister Matteo Salvini.
Eine solche Geste habe für sie eine "wichtige menschliche Bedeutung" und entspreche christlicher Nächstenliebe und Aufnahmebereitschaft, so Negro und Bernardini. Ihr Angebot orientiere sich an ähnlichen Fällen, in denen Migranten von Rettungsschiffen in Italien an Land gebracht worden seien.
Der Direktor von Proactiva Open Arms, Oscar Camps, wandte sich laut einem Bericht der Zeitung "El Pais" (Donnerstag) schriftlich an die Regierungen von Spanien, Deutschland und Frankreich, um Zusagen für die Aufnahme der Flüchtlinge in Europa zu erreichen.
Amnesty International verlangt sofortige Einlauferlaubnis
Am Wochenende hatten das Engagement des Auswärtigem Amts und der EU-Kommission zur Übernahme von 40 Flüchtlingen des zivilen deutschen Rettungsschiffs "Alan Kurdi" dazu geführt, dass die Flüchtlinge an Malta von Bord gehen konnten.
Amnesty International verlangte nun für die "Open Arms" eine sofortige Einlauferlaubnis. Es wachse die Sorge über den Zustand der Flüchtlinge an Bord. Die Menschen müssten bei sengenden Temperaturen auf Deck eng an eng ausharren. Zugleich nahm sie die spanische Regierung in die Pflicht. Sie müsse umgehend von Europa Unterstützung anfordern.
Die "Ocean Viking" von "Ärzte ohne Grenzen" und SOS Mediterranee fuhr trotz Auftankverbot weiter zur libyschen Küste. Das Schiff setze seine Fahrt wie geplant fort, twitterten "Ärzte ohne Grenzen". "Wir arbeiten daran, die Fakten zu ermitteln, die der Entscheidung zugrunde liegen." Es wäre äußerst ungewöhnlich, einem Schiff das Auftanken zu verbieten, nur weil es auf einer humanitären Mission sei, um Menschenleben zu retten. "Wir hoffen, dass dies nicht die Position der maltesischen Regierung widerspiegelt", hieß es.
Außenminister Maas fordert europäische Lösung
Indessen sucht Außenminister Heiko Maas (SPD) weiter nach einer nachhaltigen Lösung für die Bootsflüchtlinge. Bei einem Treffen mit seinem portugiesischen Amtskollegen Augusto Santos Silva betonte er, dass es dringend eine europäische Lösung für die Seenotrettung im Mittelmeer brauche. "Deutschland und Portugal sind bereit, ihren Teil dazu beizutragen", twitterte das Auswärtige Amt.