Papst warnt vor Krieg in Europa und lobt Wahl von der Leyens

"Zuerst Europa, dann jeder von uns."

In einem Interview hat Papst Franziskus vor aufkeimendem Nationalismus gewarnt. Es seien wieder Reden zu hören, die denen von Hitler ähnelten. Ein gutes Zeichen sei hingegen die Wahl Ursula von der Leyens als Kommissionspräsidentin.

Papst Franziskus mit gesenktem Kopf / © Evandro Inetti/Pool (KNA)
Papst Franziskus mit gesenktem Kopf / © Evandro Inetti/Pool ( KNA )

Papst Franziskus hat eindringlich vor einer Auflösung Europas und neuen Kriegen gewarnt. "Europa kann und darf sich nicht auflösen", sagte das katholische Kirchenoberhaupt in einem Interview mit der Turiner Zeitung "La Stampa" (Freitag). Die Vision der Gründerväter habe Bestand gehabt, weil sie eine Verwirklichung der Einheit des Kontinents sei.

Zufrieden äußerte sich Franziskus über die Wahl Ursula von der Leyens zur neuen EU-Kommissionspräsidentin. "Eine Frau kann geeignet sein, die Kräfte der Gründerväter wiederzubeleben", so der Papst, "Frauen haben die Fähigkeit zu verbinden, zu einen."

Papst: "Denken, das Angst macht"

Kritisch äußerte sich das Kirchenoberhaupt über neu aufkommende souveräne Alleingänge. "Ich bin in Sorge, weil man Reden hört, die denen von Hitler 1934 ähneln: 'Zuerst wir. Wir ..., wir ...' - das ist ein Denken, das Angst macht", sagte Franziskus.

Natürlich müsse ein Land souverän sein, es dürfe sich aber nicht isolieren. "Der Souveränismus ist eine Übertreibung, die immer schlecht endet: Sie führt zum Krieg."

Zu den großen Aufgaben Europas gehöre jetzt der ernsthafte Dialog. Dabei müsse der Leitgedanke sein: "Zuerst Europa, dann jeder von uns." Letzteres sei keineswegs unwichtig, aber Vorrang habe Europa. Derzeit seien aber nur Monologe über Kompromisse zu hören, es fehle die Kunst einander zuzuhören.

"Identität ist ein Reichtum"

Zur Rolle nationaler und kultureller Identitäten in Europa verwies der Papst auf den ökumenischen Dialog. Auch dieser müsse immer erst von der eigenen konfessionellen Identität ausgehen. Identität dürfe nicht verhandelbar, müsse aber integrierbar sein. Das Problem sei, dass man sich in der eigenen Identität verschließe und sich nicht öffne.

"Identität ist ein Reichtum - kulturell, national, geschichtlich, künstlerisch - jedes Land hat seine eigene", so Franziskus. All das aber müsse im Dialog eingebracht und integriert werden.


Quelle:
KNA