Er ist uralt, Lebensraum unzähliger Tierarten, bedeckt rund 13,4 Millionen Quadratkilometer der Erde - und er ist der Schlüssel des Weltklimas: Der tropische Regenwald. Die großen Regenwaldregionen der Erde, Amazonien in Südamerika, das Kongo-Becken in Afrika und der Dschungel in Südost-Asien, machen rund ein Drittel der gesamten Waldfläche aus. Während vielerorts immer neue Maßnahmen zur Klimarettung ergriffen werden, schrumpft der Regenwald weiter - größtenteils durch Abholzung.
Grüne Lunge der Erde
Regenwälder gelten als grüne Lunge der Erde. Weltweit absorbieren sie rund 30 Prozent der von Menschen verursachten Treibhausgase - das sind rund elf Milliarden Tonnen CO2 pro Jahr. Mehr als die Hälfte des weltweit verbliebenen Tropenwaldes liegt in Brasilien. Und genau das könnte ihm zum Verhängnis werden.
Allein im vergangenen Jahr schrumpfte der brasilianische Regenwald laut Regierungsangaben um rund 7.900 Quadratkilometer - eine Fläche von mehr als einer Million Fußballfeldern. Vergangenen Juli wurden laut Angaben des staatlichen Instituts Inpe 88 Prozent mehr Regenwald gerodet als im gleichen Monat des Vorjahres. Im Juni waren es mit 769 Quadratkilometern rund 60 Prozent mehr als im Vorjahr.
Brasiliens Präsident gibt Wälder frei zur Abholzung
Ein Grund dafür ist die Politik des seit Jahresbeginn amtierenden Präsidenten Jair Messias Bolsonaro. Bereits im Wahlkampf kündigte er an, Umweltschutzgebiete sowie indigene Reservate für die wirtschaftliche Nutzung zu öffnen. Einmal im Amt beschnitt er Budget und Kompetenzen des Umweltministeriums.
Nach der Veröffentlichung der neuesten Inpe-Zahlen beschuldigte Bolsonaro den Institutsleiter Ricardo Galvao, im Auftrag ausländischer Nichtregierungsorganisationen Lügen zu verbreiten. Es folgte Galvaos Entlassung. Zudem sprach Bolsonaro anderen Ländern das Recht auf Einmischung ab. "Der Amazonas gehört uns, nicht euch", so der Präsident.
Internationale Gelder für Waldschutz auf Eis gelegt
Angesichts der fortschreitenden Abholzung in Brasilien kündigten mehrere Staaten jüngst an, Finanzhilfen zum Schutz des Amazonas-Waldes einzustellen. So teilte etwa Norwegen, der bislang größte Geldgeber für den Waldschutz in Brasilien, mit, Mittel in Höhe von rund 33 Millionen US-Dollar für den sogenannten Amazonas-Fonds einzufrieren. Auch die Bundesregierung hatte zuletzt angekündigt, Projekte zum Schutz des brasilianischen Regenwaldes in Millionenhöhe vorerst auf Eis zu legen.
Bei Klimaschützern, Hilfs- und Nichtregierungsorganisationen wächst die Sorge. Auch Papst Franziskus äußerte sich jüngst zum Thema. Die für Oktober geplante Amazonas-Synode habe weltweit große Bedeutung und Dringlichkeit - nicht nur aus Gründen der Seelsorge, so das Kirchenoberhaupt.
"Unkontrollierbarer Klimawandel"
Auch andernorts schrumpft der Tropenwald. Im vergangenen Jahr verschwanden laut dem jährlichen Bericht des Projekts "Global Forest Watch" rund zwölf Millionen Hektar Wald - eine Fläche von der Größe Englands. Dies sei der viertgrößte jährliche Verlust seit Beginn der Erfassung im Jahr 2001, so die Experten. Die Geschwindigkeit, mit der die Welt ihre letzten großen Wälder verliere, bleibe unvermindert hoch. Mit jedem verlorenen Hektar komme die Welt dem Szenario eines "unkontrollierbaren Klimawandels" näher.
Wenn Bäume wachsen, nehmen sie CO2 aus der Luft auf und bauen den Kohlenstoff des Treibhausgases in ihre Biomasse ein. Forscher der ETH Zürich untersuchten jüngst, wie dieser Prozess im Kampf gegen den Klimawandel genutzt werden könnte. Ihr Fazit: Zusätzlich Bäume zu pflanzen, wäre eine effiziente Maßnahme zur Klimarettung. Rund 900 Millionen Hektar stünden dafür weltweit zur Verfügung, ohne dass Städte oder Landwirtschaft beeinträchtigt würden.
Hälfte des ursprünglichen Baumbestands vernichtet
Eine Botschaft, die so gar nicht zu der fortschreitenden Abholzung des Regenwaldes passen will. Rund die Hälfte des ursprünglichen Baumbestands der Erde habe die Menschheit wohl bereits vernichtet, resümieren die Forscher. Der über Jahrhunderte angerichtete Schaden sei nun auch nicht im Hauruck-Verfahren durch Aufforstung zu beheben.
Trotzdem - in Deutschland gibt es bereits entsprechende Pläne. In Brasilien ist damit vorerst wohl nicht zu rechnen.