Simbabwes Ex-Diktator Robert Mugabe mit 95 Jahren gestorben

Der Wolf ist tot

De mortuis nihil nisi bene - über Verstorbene soll man nur Gutes sagen. Also dann: Robert Mugabe hinterlässt seinem Volk viele bunte Clubjacken. Und der Polizei einen stattlichen Vorrat an Tränengas.

Autor/in:
Alexander Brüggemann
Robert Mugabe / © Tsvangirayi Mukwazhi (dpa)
Robert Mugabe / © Tsvangirayi Mukwazhi ( dpa )

Der einstige Jesuitenschüler sagte einmal von sich, er sei wie Jesus Christus: Jedes Mal, wenn man ihn für tot halte, sei er wieder auferstanden. Doch diesmal hat es nicht geklappt. Robert Mugabe war nicht der Messias; er war einer der großen Skrupellosen seiner Zeit.

Nun ist er tot, gestorben am Freitag im Alter von 95 Jahren in einem Krankenhaus in Singapur. Hinterblieben sind eine prunksüchtige Frau, drei Kinder und ein ruiniertes Land. Die Zukunft Simbabwes steht auch nach dem Militärputsch, mit dem der Diktator Ende 2017 gestürzt wurde, weiter in den Sternen.

Anführer schwarzer Rebellen

Bis dahin hatte das einstige Rhodesien seit seiner staatlichen Unabhängigkeit 1980 keinen anderen Regierungschef erlebt als Robert Mugabe: erst als Premierminister, seit 1987 als Staatspräsident. Und es erlebte gute Tage - zunächst. Über den Daumen gepeilt waren es zehn Jahre des Aufschwungs, zehn schwere Jahre und zehn desaströse.

Als Anführer schwarzer Rebellen eroberte Mugabe in einem blutigen Bürgerkrieg die "Kornkammer Afrikas" aus der Hand der weißen Eliten.

Und als alle schon mit einem großen Gemetzel an der kolonialen Oberschicht rechneten, packte der neue starke Mann zur Überraschung der Weltöffentlichkeit die Friedenspfeife aus und rief zu Versöhnung und zum gemeinsamen Wiederaufbau auf. Ein Star war geboren; ein ethnisches Massaker an rund 20.000 angeblichen Kollaborateuren wurde geflissentlich übersehen.

Die meisten Weißen blieben im Land - und erlebten staunend mit, wie der gut aussehende Intellektuelle mit seinem lupenreinen Englisch erfolgreiche Gesundheits- und Bildungsprogramme für die Schwarzen auflegte und eine kluge, soziale Wirtschaftspolitik betrieb.

Erfolgreich hatte er - teils während seiner Haftaufenthalte - Philosophie, Wirtschaftswissenschaften, Pädagogik und Recht studiert. Die westliche Welt überschlug sich mit Elogen. Wie Mugabe - so musste es Afrika machen.

Zum "eiskalten Monster" mutiert

Es ist viel psychologisiert und politologisiert worden, warum der erfolgsgewohnte Könner seit den 90er Jahren allmählich zu einem eiskalten Monster mutierte. Ein wichtiger Faktor scheint der Tod seiner ersten Frau Sally 1992 gewesen zu sein, mit der er keine Kinder haben konnte. Mugabe heiratete seine Sekretärin Grace; das langjährige Verhältnis der beiden war ohnehin durch einen britischen Journalisten publik geworden. Grace liebte zügellosen Luxus; Mugabe dagegen war eher ein Asket, der weder rauchte noch Alkohol trank.

Fortan gehörten Hummer und Champagner zur Grundausstattung, auch als seine Landsleute bereits zu Tausenden in den Straßen verhungerten.

Ein zweiter psychologischer Knick dürfte die Befreiung von Nelson Mandela im Februar 1990 gewesen sein. Dass der Freiheitsheld aus dem Nachbarland Südafrika ihm auf Anhieb den Rang als das Idol des Schwarzen Kontinents ablief, konnte der eitle, kleinwüchsige Mugabe nicht verwinden.

Endgültiger politischer Wendepunkt

Die Landreform, die der Präsident seit 1990 einleitete, begünstigte die eigene Klientel statt der landlosen Masse. Marktwirtschaft wich zunehmendem Dirigismus, und die Einmischung Simbabwes in den Bürgerkrieg im Kongo führte den Staatshaushalt in die Roten Zahlen.

Endgültiger politischer Wendepunkt war ein verlorenes Verfassungsreferendum 1999: Mugabe wandte sich voll Verachtung von seinem eigenen Volk ab. Von nun an war der Machterhalt sein einziges Interesse.

Im Jahr 2000 wurden massenhaft weiße Farmer gewaltsam enteignet, Hofschranzen als Verwalter eingesetzt. Sie richteten die landwirtschaftliche Produktion binnen kurzem zugrunde. Die Elendsquartiere rund um Harare und andere Städte wurden in der Aktion "Schmeißt den Müll raus!" von Bulldozern zusammengeschoben, Hunderttausende Menschen vertrieben und in noch tiefere Not gestürzt.

Die Inflation stieg auf Tausende Prozent; das Land hungerte.

Mugabe war das längst egal. Er fand immer einen Schuldigen an der Misere, in der Regel den Westen. Am Ende schob die Armee den an der Macht klebenden Despoten im November 2017 endlich auf's politische Abstellgleis. Ansonsten ließ man ihn in seiner Luxusvilla in Frieden. Der Krebs tat es nicht.

Mugabes langjähriger Vize und Amtsnachfolger Emmerson Mnangagwa (76), genannt "das Krokodil", versprach einen "Neuanfang". Doch auf den warten die Simbabwer bis heute. Wirtschaftliche Not und brutales Vorgehen der Regierung gegen Proteste prägen weiter ihr Leben. Das üble Erbe Mugabes dürfte seinen Tod noch länger überdauern.


Quelle:
KNA