Weihbischof Ansgar über den Tag der Wohnungslosen

"Menschen als Menschen wahrnehmen"

Am Tag der Wohnungslosen möchte der Kölner Übergangs-Wohnungslosenseelsorger Weihbischof Ansgar Puff für einen gerechten Umgang sensibilisieren. Wohnungslose würden oft ausgenutzt und vergessen. Dabei gebe es viele Möglichkeiten.

Ansgar Puff (r.), Weihbischof in Köln, begleitet am 9. November 2016 die Teilnehmer der Obdachlosenwallfahrt nach Rom.  / © Elisabeth Schomaker (KNA)
Ansgar Puff (r.), Weihbischof in Köln, begleitet am 9. November 2016 die Teilnehmer der Obdachlosenwallfahrt nach Rom. / © Elisabeth Schomaker ( KNA )

DOMRADIO.DE: Es wird vielfach über den Unterschied zwischen "obdachlos" und "wohnungslos" gesprochen. Viele Menschen setzen diese beiden Begriffe gleich. Warum ist das nicht dasselbe?

Weihbischof Ansgar Puff (Interimswohnungslosenseelsorger im Zentrum der katholischen Wohnungslosenseelsorge "Gubbio", Weihbischof im Erzbistum Köln): Ein Obdachloser ist einer, der nachts auf der Straße übernachtet. Das sind in der Stadt Köln 250 Personen. Ein Wohnungsloser ist jemand, der schläft nicht auf der Straße, der ist zum Übernachten in einer Wohnung. Aber er hat keine eigene Wohnung.

Das heißt, er muss jeden Abend gucken, ob er in irgendeiner Notschlafstelle oder in einem sogenannten "Hotel" unterkommt. Und das sind in Köln derzeit 6.000 Menschen.

DOMRADIO.DE: Was sind das denn für Bleiben oder für Unterkünfte?

Puff: Es gibt von den verschiedenen caritativen Verbänden seriöse Unterkünfte. Es gibt aber auch Privatvermieter, die haben zum Beispiel ein Ein- oder ein Mehrfamilienhaus mit Wohnungen. Dann machen die aus einer Drei-Zimmer-Wohnung ein sogenanntes "Hotel".

Das heißt, man vermietet jedes Zimmer einzeln pro Nacht an einen Wohnungslosen und kann damit pro Nacht und pro Wohnungslosen 40 Euro kassieren. Wenn Sie das zusammenrechnen, hat man dann für eine normale Dreizimmerwohnung am Ende pro Monat 3.600 Euro von der Stadt kassiert.

DOMRADIO.DE: Das ist nicht ohne...

Puff: Das ist nicht ohne und das Gemeine dabei ist, die Wohnungslosen dürfen dafür eine Nacht übernachten, sind dann wieder raus und müssen für die nächste Nacht wieder suchen, wo sie hin können.

DOMRADIO.DE: Kann man etwas dazu sagen, wie in Köln die Lage insgesamt aussieht? In der Tat ist es ja so, dass es zum Winter hin wieder offensichtlicher wird, wie viele Menschen keine Bleibe haben. Im Sommer fällt es vielleicht nicht ganz so auf.

Puff: Es gibt ja einige, die im Sommer lieber draußen sind und draußen übernachten. Aber im Winter geht das gar nicht. Deswegen gibt es verschiedene Institutionen, etwa den Sozialdienst Katholischer Frauen und den Sozialdienst Katholischer Männer, das Johannes-Haus oder die katholische Wohnungslosenseelsorge "Gubbio", die organisieren, dass keiner unbedingt draußen schlafen muss.

Es gibt auch ein Kälte-Telefon, wo man als Kölner Bürger anrufen kann, wenn man in der Stadt sieht, dass bei Minustemperaturen jemand draußen liegt. Die kümmern sich dann um diese Person.

DOMRADIO.DE: Welche Möglichkeiten gibt es denn, in irgendeiner Form aktiv zu werden? Viele Leute gehen an den Menschen, die auf der Straße sitzen, auch einfach vorbei und trauen sich vielleicht auch gar nicht, sie anzusprechen.

Puff: Ich denke, eine ganz wichtige Sache wäre, dass man diese Menschen als Menschen wahrnimmt - dass man sie ernst nimmt, dass man sie sieht, dass man sie wertschätzt. Wenn man eine Möglichkeit hat, Wohnraum zu vermieten, dann sollte man diesen nicht leer stehen lassen.

Wenn man einen Wohnraum an jemanden, der Mietschulden hat, vermietet, dann sollte man diesen nicht sofort raus klagen, sondern mit den entsprechenden Stellen versuchen, das zu regeln, dass man an sein Geld kommt, aber diese Person trotzdem die Wohnung behält.

Das Interview führte Dagmar Peters.


Kölner Weihbischof Ansgar Puff / © Alex Foxius
Kölner Weihbischof Ansgar Puff / © Alex Foxius
Quelle:
DR