DOMRADIO.DE: An diesem Sonntag geht die Interkulturelle Woche los. Geplant sind mehr als 5.000 Veranstaltungen an über 500 Orten. Welche Erwartungen und Hoffnungen haben Sie?
Friederike Ekol (Geschäftsführerin des ökumenischen Vorbereitungsausschusses zur Interkulturellen Woche): Unsere Erwartung ist, dass ganz viel gefeiert wird - die Vielfalt gefeiert wird und gezeigt wird, wie viel Positives vor Ort läuft und wie gut es uns allen zusammen geht. Weiterhin erwarten wir, dass die Interkulturelle Woche wie jedes Jahr genutzt wird, um sich auszutauschen und zu diskutieren. In der interkulturellen Woche können ja unterschiedlichste Themen quer durch Kultur und Politik besprochen werden.
Im Moment gibt es politisch viel zu besprechen: Rassismus, Antisemitismus und Antiziganismus, aber auch Rechtsextremismus sind ja Bedrohungen unserer Vielfaltsgesellschaft. Ganz vorne als Thema bei der Interkulturellen Woche stehen Flüchtlingsthemen, mit denen wir uns jeden Tag neu befassen müssen. Etwa die Seenotrettung im Mittelmeer.
DOMRADIO.DE: Die für Integration zuständige Staatssekretärin in Sachsen-Anhalt sagte auch: "In einer Zeit, in der Ängste um Zuwanderung - aber auch rassistische Propaganda - lauter werden ist die Interkulturelle Woche so wichtig wie nie". Würden Sie das so unterschreiben?
Ekhol: Das würde ich genau so unterschreiben. Ich glaube, dass es gerade vor diesem Hintergrund so wichtig ist, konsequent öffentlich Position zu beziehen. Das können die Leute im Rahmen der Interkulturellen Woche vor Ort sehr gut: Den vielen, die sich zivilisiert und angemessen für ein friedliches Zusammenleben in Deutschland positionieren, eine Stimme geben.
DOMRADIO.DE: Das Motto in diesem Jahr lautet "Zusammenleben, zusammenwachsen". Wie wir das in den mehr als 5.000 Veranstaltungen zu spüren sein?
Ekol: Es ist ein ganz bewusst etwas zweideutig gewähltes Motto. Man kann den Begriff "zusammen wachsen" lesen. Man kann aber auch "zusammenwachsen" lesen. Das Zusammenwachsen einer Gesellschaft ist ein dynamischer Prozess, der von hier länger hier Ansässigen und neu Hinzukommenden gestaltet wird.
Im Motto steckt vor allem der Begriff "Zusammenwachsen". Das meint ein Größerwerden, im Sinne eines sich gemeinsamen Weiterentwickelns - basierend auf den universell gültigen Grundwerten einer Gesellschaft wie den Menschenrechten. Es geht darum, gemeinsame Wertvorstellungen weiterzuentwickeln und darin zusammenzuwachsen.
DOMRADIO.DE: Halle als zentraler Ort ist sehr passend gewählt: Dort leben Menschen aus fast 150 Ländern. Wurde dieser Ort wurde bewusst für die bundesweite Auftaktveranstaltung gewählt?
Ekol: Ja, es ist ein Grund, der eine große Rolle gespielt hat. Halle ist aber auch schon ganz lange bei der interkulturellen Woche dabei. Es gibt hier - was man vielleicht vermuten könnte - überhaupt kein Ost-West-Gefälle. Eher im Gegenteil.
Aber für uns ist es sehr wichtig zu zeigen, dass die Interkulturelle Woche mittlerweile überall in Deutschland fest verankert ist. Und deshalb ist es uns wichtig, mit dem bundesweiten Auftakt immer wieder in verschiedene Regionen der Bundesrepublik zu gehen, um das deutlich zu machen.
DOMRADIO.DE: Am 27. September ist nationaler Tag des Flüchtlings. Er wird auch Bestandteil der Interkulturellen Woche sein. Inwiefern?
Ekol: Der "Tag des Flüchtlings", der von pro Asyl koordiniert wird, ist seit 1986 integraler Bestandteil der Interkulturellen Woche. Das hat damit zu tun, dass es da thematisch ganz viele Überschneidungen gibt. Gerade die Kirchen haben allein wegen der sich über viele Jahre hinweg verschärfende Asyl- und Ausländerpolitik einen Tag geschaffen, um sich zu positionieren und ganz bewusst Partei zu ergreifen für die schwächsten Mitglieder der Gesellschaft.
Das Gespräch führte Katharina Geiger.