Dort, wo heute die Kaserne der Schweizergarde steht, endete einmal die Via Francigena, der Frankenweg von Canterbury nach Rom. Was einmal die letzten Meter des rund 1.600 Kilometer langen fränkischen Pilgerwegs zum Grab des Apostels Petrus waren, ist heute der Ehrenhof der Armee des Papstes.
Seit 1506 sorgen Schweizer Soldaten für dessen Schutz; die Garde ist damit nicht nur die heute kleinste Armee der Welt, sondern auch die älteste. Das bestätigt ihr zumindest indirekt eine Gedenkplakette der "Ancient and Honorable Artillery Company of Massachusetts", die den Schweizern zum 500. Geburtstag im Mai 2006 einen Besuch abstatteten. Die Plakette hängt in einem Quergang zum Ehrenhof.
Neue Unterkunft
Wenn die Garde in den kommenden Jahren eine neue Unterkunft erhält, soll dieser Hof - sowohl Appellplatz als auch Treffpunkt mit Tischen und Bänken - ebenso erhalten werden wie der Brunnen an seinem nördlichen und der "Passetto" am südlichen Ende, jener hochgelegte Fluchtweg, auf dem die 47 überlebenden Gardisten beim Sacco di Roma am 6. Mai 1527 Papst Clemens VII. in die Engelsburg in Sicherheit brachten.
Die drei Unterkunftsgebäude, errichtet im 19. Jahrhundert, sind so veraltet und heruntergekommen, dass allein ein Neubau sinnvoll erscheint. So lautet zumindest das Ergebnis einer Machbarkeitsstudie, welche die Garde und die 2016 gegründete Kasernenstiftung in Auftrag gegeben hatten. Mangelhafte Isolation und schlechte Gebäudesubstanz sorgen für unverhältnismäßig hohe Unterhaltskosten. Die Mauern sind feucht, bei den in Rom zuletzt vermehrt auftretenden Gewittern staute sich Wasser aus der Kanalisation und flutete schon mal die Untergeschosse.
Zurzeit werden zwei Gebäude als Truppenunterkunft für nicht verheiratete Gardisten sowie Küche und Mensa genutzt. Im dritten Kasernengebäude sind das Kommando und die im Quartier lebenden Gardefamilien untergebracht. Weil aber Papst Franziskus im Frühjahr 2018 entschieden hat, die Sollstärke seiner Truppe von 120 auf 135 aufzustocken, reicht das bisherige Raumangebot nicht mehr aus. Zudem will die Garde familienfreundlicher werden. Gardisten dürfen nun nach fünf Jahren heiraten, und so rechnet die Garde auch mit mehr Kindern auf dem Gelände.
Mehr Wohnungen für Familien
Die Vorgaben lauten deswegen unter anderem: mehr Rückzugsraum in Form von Einzelzimmern und mehr Wohnungen für Familien. Zudem braucht die Schutztruppe selbst höhere Sicherheitsstandards wie Brandmelder, Brandschutztüren, Zutrittskontrolle. Ein Theatersaal, Archiv, Bibliothek, Musik- und Fitnessraum, Lagerplatz, Schneiderei, Fahrradkeller sowie eine größere Küche und Mensa komplettieren den Katalog.
Weil auf dem kleinsten Staatsgebiet der Welt das Platzangebot begrenzt ist, sieht das mit Planung und Durchführung beauftragte Tessiner Architekturbüro Durisch + Nolli höhere Gebäude auf den alten Grundrissen vor. Die von ihm und der Kasernenstiftung am Samstag in Solothurn vorgestellten Entwürfe zeigen in hellem Beige gehaltene Zimmer, Flure, Säle und Lichthöfe. Auf den Dächern sollen Photovoltaikanlagen integriert werden.
Die Gestaltung der Außenfassaden ist nach Aussage von Architekt Aldo Nolli noch offen. Der bullige Nikolausturm der benachbarten Vatikanbank IOR, der "Passetto" sowie andere vatikanische Bauten lassen keinen allzu großen Spielraum - zumal vor allem die östliche Außenmauer des neuen Komplexes zur Via di Porta Angelica zugleich die Staatsgrenze zu Italien bildet.
Derzeit laufen dazu weitere Gespräche - mit dem Staatssekretariat sowie dem Governatorat des Vatikanstaates. Beide haben einiges mitzureden. Zumal der Vatikan sich an der Finanzierung des umgerechnet gut 50 Millionen Euro teuren Projektes beteiligen soll.
Allerdings weniger mit eigenen bescheidenen Mitteln als vielmehr in Form von internationalen Spendenaufrufen.
Blick ins Jahr 2027
Über geeignete Wege dazu informierte der Vorstand der Kasernenstiftung mit Präsident Jean-Pierre Roth und Vize Stephan Kuhn in Solothurn ebenfalls. Dabei setzt man vor allem auf persönliche Kontakte zu potenziellen Spendern. Die Stiftung selbst will sich auf die Schweiz konzentrieren, hat dafür als Präsidentin des Patronatskomitees Alt-Bundesrätin Doris Leuthard gewonnen. Der Ruf der Schweiz profitiere von der weltbekannten Garde, heißt es in einem Werbeprospekt.
Noch nicht entschieden ist die vorübergehende Unterbringung der Gardisten bis zum Abschluss der friedlichen "Aufrüstung". Denkbar wäre ein vorübergehendes Containerdorf in den Vatikanischen Gärten.
Allein für den zwischenzeitlichen Umzug sind 4,6 Millionen Euro veranschlagt.
Spätestens zum 500. Jahrestag des "Sacco di Roma", des schwersten Tages in der Geschichte der Garde, am 6. Mai 2027 soll die modern ausgestattete Papst-Truppe in ihren bunten Renaissance-Uniformen ein neues Zuhause haben. Inmitten kurialer Verwaltungskultur und italienischer Flexibilität wird es Schweizer Präzision nicht immer leicht haben. Aber nach gut 500 Jahren verfügt die Schweizergarde wohl über genügend Erfahrung in beiden Sphären.