"Die Zahl war natürlich höher in den Jahren, als sehr viele Flüchtlinge nach Deutschland kamen", sagte der Sprecher der Initiative, Stephan Theo Reichel, dem "Münchner Merkur" am Dienstag. Die Gründe hätten sich indes nicht geändert. Die meisten Menschen bäten noch immer wegen der Dublin-Regelung um Asyl. Diese besagt, dass die Betroffenen in jene EU-Länder zurückgeschickt werden, in denen sie zuerst registriert wurden.
Reichel zufolge hofft seine Organisation derzeit auf eine Änderung des Abkommens, denn sowohl die neue italienische Innenministerin als auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wollten dieses stoppen. Die Reputation des Kirchenasyls sei jedoch ausgezeichnet, in den Kirchengemeinden und in der Bevölkerung, so der Sprecher. Viele Menschen würden sehen, dass die Kirche den Rechtsstaat stärke und die "desolate Situation im deutschen Asylrecht" etwas korrigiere: "Trotzdem ist es ein Skandal, dass wir überhaupt ein Kirchenasyl brauchen."
Verteilsystem gefordert
Nötig sei ein vernünftiges Verteilsystem, das nicht nur die südlichen EU-Staaten belaste, erklärte Reichel. Gefragt sei hier die Politik. Wenn die Dublin-Abschiebungen nach Italien aufhörten, werde es noch höchstens 20 bis 30 Prozent der Kirchenasylfälle geben. Der Sprecher verwies zugleich darauf, dass es viele Klagen gegen die Entscheidungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) gegeben habe, "weil eben sehr viele Bescheide falsch sind". 2018 hätten die Gerichte die Hälfte der negativen Bescheide aufgehoben.
Am Montag hatte die "Süddeutsche Zeitung" aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion berichtet. Danach bietet Kirchenasyl Flüchtlingen und Migranten immer weniger Schutz vor Abschiebung. In weniger als zwei Prozent der in diesem Jahr vom Asylbundesamt geprüften Fälle hätten die Behörden aus humanitären Gründen auf eine Abschiebung verzichtet. 2015/16 sei dies noch in rund 80 Prozent der Fall gewesen, so die Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche. Derzeit seien deuschlandweit 430 Fälle von Kirchenasyl bekannt.