Washington, 13. September 1993. Das Bild ist ikonisch. Israels Ministerpräsident Jitzhak Rabin im dunklen Anzug und Palästinenserführer Jassir Arafat in olivgrüner Uniform mit Palästinensertuch inmitten der ausgebreiteten Arme von US-Präsident Bill Clinton. Ein Handschlag. Davor eine Unterschrift. Das Fundament eines Friedens zwischen beiden Völkern und bald beiden Staaten sollte es werden. Zusammen mit Israels damaligem Außenminister Schimon Peres erhielten Rabin und Arafat ein Jahr später, am 14. Oktober 1994, für ihren mutigen Schritt den Friedensnobelpreis.
Nicht nur erfolgreiche Initiativen machen Kandidaten für das Osloer Friedensnobelpreiskomitee: Allein der Einsatz auf dem Weg zu einem besseren Zusammenleben kann preiswürdig sein, selbst dann, wenn wie im Fall der Preisträger von 1994 der Erfolg auf längere Sicht auf sich warten lässt. Im Falle Arafat und Co. sollte die Auszeichnung eine "Ermutigung für alle Israelis und Palästinenser" sein im Streben nach einem "nachhaltigen Frieden in der Region". Die Ernennung des "Terroristen Arafat", direkt oder indirekt verantwortlich gemacht für zahlreiche israelische Opfer des Konflikts bis Oslo, sorgte nicht nur in jüdisch-nationalistischen Kreisen für Unverständnis und Kritik.
Die heißen Eisen des Konflikts
Tatsächlich aber waren die Bemühungen von Arafat, Peres und Rabin bahnbrechend und erfolgversprechend: Erstmals erkannten sich die Beteiligten gegenseitig an, die Palästinenser sprachen Israel ein Existenzrecht zu, Israel ließ die exilierte Palästinenserführung zurück ins Land. Die Palästinenser erhielten eine abgestufte Autonomie in den neu eingerichteten A-, B-, und C-Gebieten sowie das israelische Versprechen, sich allmählich aus palästinensischem Gebiet zurückzuziehen.
Israel im Gegenzug profitierte von der Sicherheitszusammenarbeit mit den palästinensischen Behörden. Die wirklich heißen Eisen des Konflikts - der Verlauf der Grenzen, bestehende israelischen Siedlungen, der Status von Jerusalem und die Rückkehr palästinensischer Flüchtlinge - sollten zu einem späteren Zeitpunkt gelöst werden.
Der Ausbau israelischer Siedlungen
Auf Oslo I folgte 1995 ein weiteres Oslo-Abkommen, doch die Ermordung Rabins durch einen jüdischen Fanatiker kurze Zeit später war ein herber Rückschlag im Friedensprozess. 1996 wurde Benjamin Netanjahu, die politische Leitfigur derer, die sich durch Rabins Verhandlungen mit den Palästinensern verraten fühlten, erstmals Ministerpräsident. Viele Runden von Verhandlungen, Vertagungen, Rückkehr an den Verhandlungstisch und erneuten Vertagungen folgten, um schließlich 2000 im Abbruch des Camp-David-Gipfels am Sommersitz des US-Präsidenten zu resultieren.
Der folgende zweite Palästinenseraufstand "Intifada" (2000-2005), palästinensische Anschläge und israelische Militäraktionen forderten Tote auf beiden Seiten. Der Ausbau israelischer Siedlungen in den besetzten Gebieten und der Bau einer massiven Sicherheitsanlage zu den palästinensischen Gebieten verschlechterten zunehmend die Perspektiven für eine territoriale Einigung.
Zwei-Staaten-Lösung?
Er werde alle israelischen Siedlungen im Westjordanland sowie weitere Gebiete unter israelische Souveränität stellen, stellte zuletzt Ministerpräsident Netanjahu vor den Parlamentswahlen Mitte September für den Fall seiner Wiederwahl in Aussicht. Das Wort "Zwei-Staaten-Lösung" war nicht Teil der Wahlkampfrhetorik, weder von Netanjahus Likud noch anderer Parteien.
Fünf Jahre sah Oslo als Zeitplan vor bis zur Verwirklichung zweier souveräner Staaten Israel und Palästina. 25 Jahre später ist der "Ausgangspunkt Oslo" zum zementierten Status quo geworden. Auch wenn die jüngsten Parlamentswahlen Benjamin Netanjahu und seinen Koalitionspartnern keine eindeutige Mehrheit verschafften: Netanjahus Annexionspläne sind auf dem Tisch, seine Beteiligung an einer Regierungskoalition ebenfalls. Die Nobelpreisträger von Oslo erlebten den Frieden nicht. 1995 wurde Rabin ermordet; Arafat starb 2004, Peres 2016. Das offizielle Requiem für den Friedensprozess steht noch aus.