DOMRADIO.DE: Herr Ring-Eifel, Sie sind in Rom vor Ort. Was kommt da herum bei den Pressekonferenzen im Vatikan? Gibt es handfeste Informationen oder mitteilenswerte Nachrichten?
Ludwig Ring-Eifel (Chefredakteur der Katholischen Nachrichtenagentur): Die Informationen sind schon häufig ein wenig frustrierend für uns Journalisten, weil nicht wirklich erzählt wird, was die Synode gerade diskutiert. Man muss durch geschicktes Fragen versuchen, den Teilnehmern etwas zu entlocken. Aber so richtig transparent ist das Ganze leider nicht.
DOMRADIO.DE: Die Vatikan-Korrespondentin Gudrun Sailer kritisiert, dass Journalisten durch gezielte Fragestellungen versuchen, die Nachrichtenlage zu beeinflussen. Sehen Sie das auch so?
Ring-Eifel: Das ist etwas, was Journalisten bei Pressekonferenzen immer wieder versuchen. Das gilt für die Linken wie für die Rechten. Man kann immer auch "Agenda-Setting" machen, indem man bestimmte Themen durch Fragen in den Vordergrund schiebt. Aber es ist schon auffällig, dass manche Kollegen insbesondere die Frage nach einem zu starken Abdriften der amazonisch-katholischen Kirche in Richtung Eigenständigkeit, eigener Riten und so weiter in den Vordergrund rücken - das lässt sich auch ein wenig dramatisieren.
DOMRADIO.DE: Von diesem "amazonisch-katholischen Ritus" lesen wir im Moment sehr viel. Was soll der sein und ist es realistisch, dass es ihn tatsächlich geben wird?
Ring-Eifel: Teilweise gibt es ihn ja ohnehin. Die katholische Kirche hat in den unterschiedlichen Weltgegenden schon immer versucht, die dortigen Kulturen auch in den Gottesdienst und Liturgie zu integrieren - durch Gewänder, Musik, bestimmte Gebete. Das geschieht natürlich auch am Amazonas. Ein Gottesdienst dort sieht anders aus als in Afrika, und der wiederum sieht anders aus als in Deutschland. Es geht aber jetzt darüber hinaus: Es geht darum, einen eigenen Ritus zu etablieren, der klar definiert ist. Der bestimmte Elemente enthält, die vielleicht aus der indigenen Kultur kommen, einschließlich bestimmter Elemente aus der Naturreligion. Das ist besonders umstritten.
DOMRADIO.DE: Ein weiteres Thema sind verheiratete Diakone. Es heißt, dass diese in Zukunft auch die Eucharistie feiern dürfen. Ist das eine realistische Option?
Ring-Eifel: Mir scheint, dass das bei der Synode überwiegend mehrheitsfähig ist. Dass man in irgendeiner Form verheiratete Männer künftig zur Leitung von Eucharistiefeiern zulassen will, vielleicht auch zu Priestern weihen will - aber eben nur unter bestimmten Voraussetzungen. Man muss sich klarmachen, wie die Situation in der Seelsorge dort ist. Es gibt dort viele Gebiete, wo noch nicht einmal im Jahr ein Priester hinkommt, um eine Messe zu feiern. Das ist natürlich ein untragbarer Zustand. Wenn das verändert werden könnte, indem man mehr verheiratete Männer zu Priestern weiht, dann wäre das sicher eine große Hilfe.
DOMRADIO.DE: In Deutschland zielen viele Menschen ja darauf, dass die Beschlüsse der Amazonas-Synode zu einer Lockerung des Zölibats führen könnten. Wie sehen Sie das?
Ring-Eifel: So eins zu eins und schnell sicherlich nicht. Aber wenn es am Amazonas zu einer Lockerung käme, dann würde das für die Diskussionen in Deutschland, generell in Westeuropa - wo ja der Zölibat insgesamt auch schon seit längerem in der Diskussion steht - auch indirekte Auswirkungen haben. Aber sicherlich nicht so, dass heute schon das Zölibat aufgehoben wird. Immerhin wäre es eine kleine Öffnung und ein kleiner Schritt. Die katholische Kirche ändert sich ja bekanntlich sehr langsam.
DOMRADIO.DE: Was glauben Sie wird am Ende bei dieser Amazonas-Synode herauskommen? Und wann kann man mit konkreten Ergebnisse rechnen?
Ring-Eifel: Es wird im Moment noch heftig gerungen. Es gab einen Entwurf, ein Abschlusspapier, mit dem viele Teilnehmer unzufrieden waren. Jetzt wird da kräftig nachgebessert. Es wird um einzelne Sätze gerungen. Ich rechne nicht damit, dass wir vor Samstagnachmittag, vielleicht sogar erst Samstagabend ein konkretes Ergebnis vorliegen haben.
Man muss bedenken: Dieses Ergebnis ist nur das Votum der Synode. Das wird dann dem Papst überreicht. Und der wiederum kann in freier Entscheidung von der Synode annehmen, was er für richtig hält. Oder sogar Dinge beschließen, die darüber hinausgehen. Der Papst wird zwar von der Synode beraten, aber sie kann ihm nicht vorschreiben, was er entscheidet.
Das Gespräch führte Verena Tröster