Im Zentrum sollen die Interessen der Betroffenen stehen, wie eine der Projektleiterinnen, Claudia Bundschuh, am Donnerstagabend in Trier erklärte. Ehemalige Schüler sollten Raum bekommen, über die Erlebnisse mit Gewalt am Internat Albertinum zu sprechen - ob selbst erfahren oder miterlebt. Zusätzlich ist geplant, rund zwölf Meter Archivunterlagen auszuwerten. Das Vorhaben ist auf zwei Jahre angelegt. Im Anschluss soll ein Bericht veröffentlicht werden.
Die Aufarbeitung hatte der Trierer Bischof Stephan Ackermann im Juli angestoßen. Das Projekt wird vom Bistum finanziert, aber von unabhängigen Wissenschaftlern durchgeführt. Ackermann ist auch Missbrauchsbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz.
Transparente Aufarbeitung und mögliche Beteiligung
Das Projekt wird vom früheren Trierer Polizeipräsidenten Lothar Schömann koordiniert und von Erziehungswissenschaftlerin Bundschuh sowie der Rechtsanwältin Bettina Janssen geleitet. Im Lenkungsausschuss sollen zudem drei Betroffene sitzen, die ein besonderes Stimmrecht haben.
Bei der ersten Veranstaltung informierte die Leitung über Vorgehen und Ziele. Alle ehemaligen Schüler des Internats haben demnach die Möglichkeit, mit den Wissenschaftlern zu sprechen, Erlebnisse zu schildern sowie Wünsche für die Aufarbeitung zu formulieren. Die Wissenschaftler setzen dabei auf Freiwilligkeit. Es sei nicht geplant, ehemalige Schüler aktiv anzusprechen, um niemanden ungewollt mit dem Erlebtem zu konfrontieren.
Bundschuh sagte, sie verstehe das Projekt als "Sprachrohr"für Betroffene. Der Prozess der Aufarbeitung solle transparent sein und die Ergebnisse umfänglich veröffentlicht werden. Informationen, auch über eine mögliche Beteiligung, gibt es auf einer Internetseite (https://www.albertinum-gerolstein.de/).
Acht ehemalige Schüler erhoben schwere Vorwürfe
Anlass für das Projekt sind Rückmeldungen von bislang acht ehemaligen Schülern, die über Gewalt durch Mitarbeiter des Albertinums berichteten. Vorwürfe wurden gegen alle drei ehemaligen Leiter des Internats erhoben.
Laut Bundschuh berichteten Betroffene bislang von sexualisierter Gewalt, Übergriffen und Missbrauch, körperlicher Gewalt wie Stockschlägen sowie psychischer Gewalt wie öffentlichen Demütigungen oder Einschließen in einen gesonderten Raum. Es sei davon auszugehen, dass viele Schüler Ähnliches erlebten, hieß es. Das Bischöfliche Internat im rheinland-pfälzischen Gerolstein wurde 1982 geschlossen. Es war von 1946 bis 1982 ein Heim für Jungen, die das staatliche Gymnasium der Kleinstadt besuchten.