Anwalt: Viel Gewalt in einstigen Internaten des Bistums Würzburg

Rutenschläge vom "Knecht Ruprecht"

Keine Anzeichen für weiteren sexuellen Missbrauch, aber für vielfache körperliche Gewalt - die Personalakten der drei früheren Jungen-Internate des Bistums Würzburg sind unabhängig geprüft worden. Die beauftragte Anwaltskanzlei zieht Bilanz.

Der St.-Kilians-Dom zu Würzburg / © Tobias Arhelger (shutterstock)
Der St.-Kilians-Dom zu Würzburg / © Tobias Arhelger ( shutterstock )

In den Akten fänden sich keine Hinweise auf weitere Fälle sexuellen Missbrauchs. Es gebe aber zahlreiche Fälle körperlicher Gewalt, sagte Christian Stadler von der mit der Prüfung beauftragten Rechtsanwaltskanzlei Cornea Franz am Dienstag in Würzburg.

In den drei "Kilianeen" in Würzburg (Betrieb: 1872-1998), Miltenberg (1927-1983) und Bad Königshofen (1964-1995) habe es 67 Anzeichen für Personal-Gewalt gegen Schüler gegeben. Als Täter seien in 23 Fällen Kleriker verdächtig, in sechs Laien. In 24 Fällen sei keine konkrete Person zu bestimmen gewesen.

Sexueller Missbrauch nicht in den Akten

Nicht erfasst sind in der Untersuchung laut Generalvikar Thomas Keßler zwei Fälle sexuellen Missbrauchs in den Kilianeen. Sie stünden nicht in den Akten, sondern seien in der Vergangenheit von den Betroffenen mitgeteilt worden. Beide Fälle seien der Staatsanwaltschaft gemeldet und eingestellt worden. Es habe auch kirchenrechtliche Schritte gegeben. Die Betroffenen hätten zudem eine finanzielle Anerkennung erlittenen Leides bekommen.

Schwerpunkt im Würzburger Kilianeum

Dazu kommen laut Anwalt Stadler 761 Fälle körperlicher Gewalt in den Kilianeen, die sich bei diversen Nikolausfeiern ereignet hätten. Der "Knecht Ruprecht" - gespielt von Zwölftklässlern - habe Schüler bei Verfehlungen mit Rutenschlägen auf das Gesäß bestraft. Mit 644 Fällen gab es dem Bericht zufolge einen Schwerpunkt im Würzburger Kilianeum.

Zur strafrechtlichen Bewertung sagte Stadler, eine Rechtfertigung durch das teils noch geltende Züchtigungsrecht scheide aus. Körperliche Gewalt sei nicht erst als Ultima Ratio angewandt worden. "Vielmehr zeichnet sich das Bild ab, dass körperliche Gewalt in den Internaten bei Verfehlungen der Schüler eher unmittelbar eingesetzt wurde, als dass zuvor pädagogisch auf die Schüler eingewirkt worden wäre."

"Das Vorgehen war falsch"

Die Fälle seien alle verjährt. Dieser Einschätzung der Kanzlei habe sich die Generalstaatsanwaltschaft Bamberg angeschlossen, die eine Ergebniszusammenfassung erhalten habe. Diese habe sie dem Bundesjustizministerium zur Stellungnahme vorgelegt. Eine Rückmeldung stehe aus.

Generalvikar Keßler ergänzte zu den Gewalttaten, "das Vorgehen war falsch und das tut uns als Kirche sehr leid". Er bitte Betroffene um Vergebung. "Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Würde und körperliche Unversehrtheit."


Quelle:
KNA