DOMRADIO.DE: Ist das ein besonderes Ereignis, so ein Papst-Geburtstag im Vatikan?
Ulrich Nersinger (Journalist): Im Grunde nicht. Wenn man mal einen Blick in den vatikanischen Feiertagskalender wirft, in dem die Feste aufgelistet sind für alle, die in der Vatikanstadt arbeiten, sieht man nur zwei Feste, die sich auf den Papst persönlich beziehen. Das ist der 13. März, der Tag der Papstwahl, und der 23. April, der Namenstag des Papstes, der ja mit bürgerlichem Namen Georg heißt.
Aber man entdeckt keinen Geburtstag und das ist eigentlich immer so gewesen. Man hat den Geburtstag des Papstes im Vatikan nicht gefeiert - außer vielleicht mal runde Geburtstage im hohen Alter. Dann hat man schon mal Ausnahmen gemacht.
DOMRADIO.DE: Wie erklären Sie sich das? Warum spielt der Geburtstag keine große Rolle?
Nersinger: Es hängt mit der christlichen Tradition zusammen, den Namenstag zu feiern und weniger den Geburtstag. Die Päpste haben das auch so für sich durchgehalten. Es gibt in der Vergangenheit kaum Päpste, die großen Wert auf den Geburtstag gelegt haben. Im Gegenteil, manche haben dann sogar flapsige Bemerkungen gemacht. Mir fällt zu Papst Leo XIII. ein schöner Ausspruch ein. Dieser hat wirklich ein sehr hohes Alter erreicht, er ist über 90 Jahre alt geworden. Man hat im Vatikan versucht, seine Geburtstage mehr zu feiern, und da hat er immer mit der Bemerkung geantwortet: "Ach, schon wieder ein neues Bild und schon wieder neue Retuschen." Denn man hat von ihm immer ein neues Bild gezeichnet, für das er Modell sitzen musste, und ihm dann geschenkt. Und er war ein wenig eitel und hat immer gesagt, man solle die Runzeln und die Falten wegretuschieren - jedes Jahr aufs Neue.
DOMRADIO.DE: Papst Franziskus hat ja einiges geändert im Vatikan. Auch die Stellung des Papsttums hat sich durch ihn verändert. Auch die Bedeutung des Papst-Geburtstags?
Nersinger: Ja, ich denke schon. Im Pontifikat von Benedikt XVI. hat man mehr den Geburtstag des Papstes gefeiert. Ich denke daran, dass er dann viel Besuch bekommen hat aus seiner Heimat. Da haben sich dann die bayerischen Gebirgsschützen und Abordnungen aus den Städten, in denen er gelebt hatte, angemeldet und haben ihm ein Ständchen gebracht. Das ist eine Entwicklung, die wir unter Benedikt beobachten konnten. Seitdem sieht man im Vatikan schon eher die Gelegenheit, den Geburtstag des Papstes feierlich zu gestalten. Wobei Papst Franziskus selber immer darauf drängt, dass es ein normaler Arbeitstag ist.
DOMRADIO.DE: Ist es darüber hinaus auch ein Medienereignis, so ein Papst-Geburtstag?
Nersinger: Ja, natürlich haben die neuen Medien das aufgegriffen. Das ist zwar ein zweischneidiges Schwert, aber das hat schon dafür gesorgt, dass so ein Geburtstag stärker ins Bewusstsein der Gläubigen rückt. Ich denke daran, dass man zum 80. Geburtstag des Papstes die vatikanischen Medien eingeladen haben, dem Papst per E-Mail zu gratulieren. Es wurden für die einzelnen Sprachgruppen eigene E-Mail-Adressen eingerichtet, sogar in lateinischer Sprache. Es wird heute schon etwas mehr Wert darauf gelegt, aber der Papst selber verbindet seinen Geburtstag eher mit irgendwelchen sozialen Projekten und lädt an seinem Geburtstag auch manchmal Obdachlose oder Bedürftige ein.
DOMRADIO.DE: Der Papst wird 83 Jahre alt. Da kommt er so langsam in das Alter, in dem Benedikt XVI. zurückgetreten ist. Welche Rolle spielt das? Blickt man auf den Fortgang des aktuellen Pontifikats?
Nersinger: Ja, ich denke schon. Seit dem Rücktritt von Benedikt ist der Geburtstag auch ein Datum, wo man überlegt, ob der Papst mit fortschreitendem Alter an einen Rücktritt denkt. Ohne jetzt ein großer Prophet zu sein, denke ich, dass wir die Hoffnung haben dürfen, dass das nicht so schnell geschieht. Denn der Papst hat noch relativ viele Projekte wie die Kurienreform, die er durchbringen und vollendet sehen möchte.
Und da denke ich, werden wir noch Gelegenheit haben, mehrere Geburtstage zu feiern, soweit es die Gesundheit des Heiligen Vaters mitmacht.
DOMRADIO.DE: Was ist Ihr Eindruck im Moment - wie geht es ihm gesundheitlich?
Nersinger: Ich denke, er ist ganz gut dabei. Vor kurzem musste er sich an den Augen operieren lassen, das ist auch in der Presse bekannt geworden. Aber ich denke, solange keine größeren Eingriffe nötig sind und solange er von größeren Krankheiten verschont bleibt, wird er noch Tag für Tag weiter am Wohle der Kirche arbeiten.
Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.