Die Häuser der wenigen Reichen in der Hauptstadt Nouakchott stünden direkt neben den Baracken der Armen, die für sie arbeiten, erklärte Genn am Mittwoch in Münster. "Schärfer kann ich mir den Gegensatz zwischen Arm und Reich nicht vorstellen."
"Diese Wirtschaft tötet", kritisierte Genn mit einem Satz von Papst Franziskus das ökonomische System in Mauretanien. "Die Krippe von heute ist die Baracken-Siedlung in Afrika." Angesichts der Armut sei es verwunderlich, dass Menschen dort bleiben. "Und zugleich ist es unvorstellbar, was Flüchtlinge alles auf sich nehmen, um nach Europa zu kommen", so der Bischof. Notwendig sei "ein Schulterschluss von Politik, Wirtschaft, Verwaltung und Intelligenz, um die Situation grundlegend zu ändern". Auch angesichts der Umweltzerstörung bedürfe es einer radikalen Umkehr, sagte Genn. "Die Müllproblematik etwa ist in Mauretanien schon im Straßenbild sehr sichtbar."
Armutsbekämpfung und Hilfen
Der Bischof plädierte auch für ein nachhaltigeres Konsumverhalten in Deutschland. Produkte von Firmen, die mit Blick auf Armutsbekämpfung und Umweltschutz nicht vorbildlich seien, "sollten bei uns nicht mehr auf den Tisch oder in den Kleiderschrank kommen".
Merkwürdig habe er einen Wasserlieferanten auf einem Esel gefunden, der eine BVB-Sportjacke getragen habe. Kleiderspenden auch kirchlicher Organisationen könnten zwar sinnvoll sein. "Sollten wir aber nicht eher die Menschen vor Ort in die Lage versetzen, in kleinen Betrieben ihre eigene Kleidung herzustellen?", fragte Genn.
Lob für die Ortskirche
Er besuchte mit dem Münsteraner Weihbischof Stefan Zekorn den katholischen Bischof von Nouakchott, Martin Happe. Der 74-Jährige stammt aus Sendenhorst bei Münster und ist seit 1995 für die Minderheit von 4.000 bis 5.000 Katholiken in der islamischen Republik zuständig.
Genn lobte die Ortskirche, die sich ohne Furcht dem Dialog mit dem Islam stelle. Die Arbeit von Ordensfrauen finde große Anerkennung; sie bildeten Frauen nicht nur zu Näherinnen oder Friseurinnen aus, sondern auch für die IT-Branche. Musliminnen, die eine sehr untergeordnete Rolle in der Gesellschaft spielten, erhielten durch die Ordensfrauen ein anderes Selbstwertgefühl.