Was Kirche von einem ökumenischen Benediktinerkloster lernen kann

Eine Gemeinschaft, zwei Riten

In der Abtei Niederalteich lebt der eine Teil der Mönche nach römischem Ritus, der andere Teil nach byzantinischem Ritus. Für Abt Marianus ist klar: Ökumene funktioniert nur, wenn man die Litugie und Spirittualität der anderen versteht.

Symbolbild: Ein Mönch blickt in die Weite / © S-F (shutterstock)
Symbolbild: Ein Mönch blickt in die Weite / © S-F ( shutterstock )

DOMARDIO.DE: Gibt es in der Abtei Niederalteich zwei Gemeinschaften, die nebeneinanderher leben? Eine nach römischem Ritus und eine nach byzantinischem Ritus? 

Abt Dr. Marianus Bieber OSB (Benediktinerabtei Niederalteich): Es gibt natürlich ein gewisses Nebeneinander. Das geht von der Zeitstruktur gar nicht anders, weil die Mönche viermal am Tag zum Beten in zwei verschiedene Kirchen gehen. Insofern ist es natürlich rein technisch ein Nebeneinander. Aber es ist eben eine Gemeinschaft. Ansonsten trennt uns nichts. Es ist eine Gemeinschaft – mit einem Abt. Wir kommen nach den Gottesdiensten zum gemeinsamen Essen im Refektorium, im Speisesaal, zusammen.

Auch sonst ist die Gemeinschaft eine einzige, und insofern ist es ein Miteinander. Das ist ja auch der Sinn: die beiden Riten in einer Gemeinschaft zu leben. Das heißt, sich aufeinander einzustellen und sich gegenseitig dadurch befruchten zu lassen. Es gibt auch Mitbrüder, die dann in den Ritus der anderen gehen – vor allem, wenn im eigenen Ritus gerade nichts stattfindet. Ich als Abt gehe sowieso in beide Riten.

DOMRADIO.DE: Wie ist das bei großen Festtagen, die wir kennen? Feiert man da gemeinsam?

Abt Marianus: Das geht in unserer Gemeinschaft nicht, denn - das ist ja auch der Sinn unseres Modells - wir sind für viele Gäste offen. Gerade an den großen Festen kommen sehr viele Gäste zu uns, weil wir hier zwei Tagungshäuser auf dem Gelände haben, eines von der Diözese und eines von der Abtei. Wir können also sehr viele Menschen unterbringen.

Es kommen sehr viele Gäste gerade deshalb zu uns, weil hier dieser ostkirchliche Ritus im umfassenden Sinn als monastischer Ritus in deutscher Sprache gefeiert wird. Das ist eigentlich ein Ausnahmefall. Die Ostkirchen feiern das ja in ihren eigenen Sprachen. Deswegen bieten wir an den großen Festen immer alles parallel an. Viele Gäste feiern diesen Reichtum der Liturgien sowohl im römischen Ritus als auch im byzantinischen Ritus mit.

DOMRADIO.DE: Wie ist es denn überhaupt zu diesem besonderen Miteinander der Riten gekommen, gerade in Niederalteich?

Abt Marianus: Das ist eine sehr lange Geschichte. Man kann ganz kurz sagen: Die Benediktiner sind der älteste Orden der katholischen Kirche und damit sehr vergleichbar mit dem orthodoxen Mönchtum. Deshalb ist von Rom, vom Heiligen Stuhl, der Auftrag ausgegangen, die Benediktiner mögen sich doch der Tradition der Ostkirche annehmen. Niederalteich hat diesen Auftrag vor etwa 60 Jahren für sich entdeckt. Der Hintergrund war: Man kann die Ostkirche nur verstehen, wenn man ihren Ritus, ihre Liturgie, versteht: den Reichtum ihrer Spiritualität.

DOMRADIO.DE: Wie kann denn eine Gemeinschaft wie Niederalteich zum ökumenischen Dialog beitragen?

Abt Marianus: Wir sind teilweise auch in ökumenischen Kommissionen vertreten. Aber unsere Hauptaufgabe ist, die Menschen des Westens - also katholische, evangelische Christen oder einfach Interessierte - mit spirituellen und liturgischen Reichtum der Ostkirche vertraut zu machen. Das ist unser Beitrag, eine Art spirituelle Ökumene. Man kann den anderen letztlich nur verstehen, wenn man ihn auch von innen her versteht.

Das Interview führte Tobias Fricke.


Benediktinerabtei Niederalteich / © Martin Erdniss (shutterstock)
Benediktinerabtei Niederalteich / © Martin Erdniss ( shutterstock )
Quelle:
DR