Der ganzseitige Artikel ertschien am Montag, dem Tag der Öffnung der Pius-Archive. "Diese Art von Sensationalismus, mit bereits fertigen Faszikeln und schnellen Schlussfolgerungen wie auf dem Tablett präsentiert, ist verdächtig", wird Di Segni von italienischen Medien zitiert.
Warnung vor Bumerang-Effekt
Darin hatte Johan Ickx, Archivleiter im vatikanischen Staatssekretariat, einzelne Dokumente zitiert und abgebildet, in denen es um Hilfe-Ersuche von Juden an Pius XII. ging. Ein weiteres Faszikel erwähnt Vorwürfe gegen einen Kurienmitarbeiter, der Dokumente für verfolgte Juden gefälscht haben soll, sowie einen Kommentar des Papstes zu US-Presseberichten über die Deportation von mehr als 1.000 Juden aus Rom im Oktober 1943.
Derart frühe Detail-Veröffentlichungen könnten leicht zum Bumerang werden, warnte Di Segni. Es sei bekannt, dass der Vatikan damals nichts unternommen habe, um den Zug mit 28 Waggons zu stoppen, mit dem 1.022 Juden aus Rom deportiert wurden. Die erwähnte vatikanische Hilfe habe es vor allem für getaufte Juden gegeben. "Nachdem man gesagt hat, es brauche jahrelange Forschung, kommt jetzt am ersten Tag die Auflösung wie ein Kaninchen aus dem Zylinder des Zauberers", so Di Segni.
Jüdische Gemeinde stimmt zu
Unterstützung erhielt der Rabbiner vom früheren Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Roms, Riccardo Pacifici. Zwar werde sich "in den Beziehungen zwischen uns und der Kirche von Rom nichts ändern", sagte Pacifici dem "Corriere della Sera", aber er stimme der Kritik Di Segnis zu.
In seinem Beitrag für den "Osservatore" hatte Ickx außerdem über das Digitalisierungsprojekt seines Archivs berichtet. Darüber hinaus erwähnt er Akten zur Volksabstimmung im Juni 1946, ob Italien eine Monarchie bleiben oder Republik werden soll. Schließlich erwähnt Ickx Sondierungen von Pius XII. in Richtung kommunistischer Regime in Osteuropa sowie erste Überlegungen zur Gründung der Vereinten Nationen.