Es war die bis dahin schwierigste und komplizierteste Reise von Papst Johannes Paul II. Seit seinem Amtsantritt 1978 hatte er die Ortskirchen in aller Welt besucht.
Ausgerechnet das Heilige Land blieb ihm versperrt. Erst in seinem 22. Amtsjahr und mit seiner 91. Auslandsreise konnte er die Heimat Jesu betreten. Der Besuch vom 20. bis 26. März 2000 in Jordanien, Israel und den Palästinensergebieten wurde ein beeindruckender Erfolg: für das belastete christlich-jüdische Verhältnis, für die dornigen Kontakte zum Islam, für die komplizierten ökumenischen Beziehungen und für die schrumpfende Christengemeinde. Freilich waren auch Dissonanzen nicht zu überhören.
Auf den Spuren der Bibel
In der politisch wie religiös heißen Region und aufgrund der völkerrechtlich ungeklärten Situation war für den Papst damals weder ein Pastoralbesuch noch ein Staatsbesuch möglich. Als Chance sahen die Planer das Heilige Jahr 2000, in dem der Papst eine "ausschließlich religiöse Pilgerreise auf den Spuren der Bibel" unternehmen könnte. Ein Papstbesuch dürfe kein Anlass für Zwietracht unter den Bewohnern des Landes und für eine einseitige Vereinnahmung sein, hatte der Vatikan jahrelang sein Nein zu einer Jerusalem-Reise begründet.
So betete und meditierte der Papst an den traditionellen Heiligen Stätten: auf dem Moses-Berg Nebo und an der Taufstelle Jesu in Jordanien, in der Geburtskirche im palästinensischen Bethlehem, in Jesu Wohnort Nazareth und seinen Wirkungsstätten am See Genezareth (in Israel) und in Jerusalem mit dem Abendmahlssaal und der Grabeskirche. Johannes Paul II. feierte Gottesdienste mit der kleinen Katholiken-Gemeinde und versicherte sie der Solidarität der Weltkirche. Allerdings kamen gerade die einheimischen Christen im Gesamtprogramm etwas kurz. Auch fehlten die Menschenmassen entlang der Straßen, die der Konvoi passierte.
Gedenken an den Holocaust
Erstmals besuchte ein Papst die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem.
Johannes Paul II. warnte, die "grauenhafte Tragödie der Schoah" zu vergessen oder herunterzuspielen; er bekräftigte die Reue der Kirche für das antisemitische Handeln von Christen. Bei einer bewegenden Zeremonie traf er mit alten Freunden und Weggenossen zusammen. Später ging er zur Klagemauer, steckte einen Zettel mit seiner Vergebungsbitte in eine Spalte der alten Tempelstützwand und sprach mit Rabbinern.
Konfliktreiches Treffen der drei Religionen
Problematischer war ein Dreier-Treffen von Juden, Christen und Muslimen. Zwar konnte der Papst erstmals einen Oberrabbiner und einen hohen Muslimführer zu einem gemeinsamen öffentlichen Auftritt und einem Händedruck bewegen. Doch es kam zu einer Kontroverse über den Status von Jerusalem. Der Ton wurde rau, die Stimmung aggressiv, und der Scheich verließ vorzeitig den Saal. Der dissonante Chor-Gesang schien ein Spiegelbild der jüdisch-christlich-muslimischen Befindlichkeit in der Heiligen Stadt. Dagegen verliefen der spätere Besuch auf dem Tempelareal mit dem Felsendom und der Al-Aksa-Moschee sowie das Treffen mit dem Großmufti harmonischer.
Ein großer Schritt für die Ökumene
Ein wichtiger Schritt war diese Reise für die Ökumene. Die Begegnung mit Patriarch Diodoros von Jerusalem war freundlich - aber keine Sensation wie der erste Ost-West-Kirchengipfel von 1964, als Paul VI. hier den Ökumenischen Patriarchen Athenagoras traf. Und er erreichte auch nicht die Herzlichkeit wie 14 Jahre später der gemeinsame Besuch von Papst Franziskus und Patriarch Bartholomaios I. in der Grabeskirche.
Sicherheit bestimmt Reise
Die Sicherheitsmaßnahmen für den Papst waren streng. Die Reiseroute wurde von den vertrackten israelisch-palästinensischen Gegebenheiten und dem ungeklärten Status von Jerusalem vorgegeben. Nach dem protokollarisch unproblematischen Teil in Jordanien, wo König Abdullah den Gast freundlichst begrüßte, reiste der Papst über den Flughafen von Tel Aviv in Israel ein, um dann im Hubschrauber die 50 Kilometer nach Jerusalem zurückzufliegen.
Dort blieb er zunächst nur im Westteil, nahm seine israelischen Termine wahr, begab sich von hier aus nach Galiläa, fuhr auch ins palästinensische Bethlehem. Erst ganz zum Abschluss betrat er die Jerusalemer Altstadt mit Tempelberg, Klagemauer und Grabeskirche.
Die Pilgerreise auf den Spuren der Heilsgeschichte sollte noch weiter führen. Sie sollte auch die Stätten des biblischen Erzvater Abrahams einbeziehen, der aus Ur in Chaldäa (Irak) ins Gelobte Land aufbrach.
Und die des Moses, der den Auszug aus Ägypten leitete, am Berg Sinai von Gott die Zehn Gebote erhielt und auf dem Nebo starb. Die Planungen für eine Irak-Reise Ende 1999 waren bereits weit gediehen, mussten aber aus Sicherheitsgründen abgesagt werden.
Ein Jahr später setzte der Papst seine Pilgerfahrt fort, auf den Spuren des Apostels Paulus. Etappen waren Athen (wo Paulus auf dem Areopag predigte), Damaskus (wo er sein Bekehrungserlebnis hatte) und schließlich Malta. Dort verbrachte der Völkerapostel nach einem Schiffbruch einige Monate, bevor er - als Gefangener - sein Ziel Rom erreichte.