"Gerade war ich dabei, unseren 20 Erstkommunionkindern einen Brief zu schreiben", sagt die Pastoralreferentin der deutschen Auslandsgemeinde im niederländischen Den Haag, Lydia Bölle (56). Eigentlich hätten sie sich am Freitag treffen sollen. Doch wegen der Coronavirus-Krise fiel das Treffen aus. "Jetzt bekommen alle einen handgeschriebenen Brief, als Signal, dass ich sie nicht vergesse.
Digitale Pastorale
Die Pastoralreferentin setzt auch auf WhatsApp. "In solchen Situationen müssen wir kreativ werden", sagt sie. Sich gegenseitig Bilder zu schicken, etwa das Symbol einer Kerze im Fenster, gehöre dazu. "Das ist eine Sondersituation, wir alle müssen damit vertraut werden."
Befremdlich sei für sie vor allem, dass sie immer wieder die "soziale Distanz" betonen müsse. "Das widerspricht unserer Botschaft", sagt sie. Gottesdienste gibt es keine mehr in Den Haag. Doch die Kirche ist noch offen für das persönliche Gebet. "Es gibt Menschen mit einer besonderen Verbindung zu dem Raum, die gerne kommen", sagt Bölle.
Trotz der Lage klingt Bölle zuversichtlich. In den Niederlanden gibt es bislang noch keine Ausgangssperre. Es sei so schön, erholsam und wohltuend, ans Meer zu gehen. "Und Luft gibt es dort ja genug", sagt sie lachend.
Zwischen unfreiwilliger Freizeit und Ausgangssperre
182 Kilometer entfernt sitzt Wolfgang Severin (59), Pfarrer der deutschen Auslandsgemeinde in Brüssel, im Garten und genießt die Sonne. Dafür habe er sonst selten Zeit, sagt er. Doch in Brüssel gilt seit Mittwoch eine Ausgangssperre. Raus aus dem Haus darf man nur zum Einkaufen, zur Arbeit, zum Arzt oder um alleine zu joggen oder spazieren zu gehen. "Das gilt auch für Priester", so Severin. Er versuche, viel telefonisch oder über das Internet zu erledigen. "Erfreulicherweise melden sich sehr viele Gemeindemitglieder, die Hilfe für ältere Menschen anbieten", berichtet er.
Revival der "Hauskirchen"
Auch in Brüssel fallen die Gottesdienste aus. Severin appelliert an die Kreativität der Gläubigen. "Man darf auch Zuhause den Gottesdienst feiern", sagt er. Die Idee, eine Messe allein am Altar ohne die Gläubigen zu feiern und per Livestream in die Welt zu senden, findet er "abstrus". Doch mit Blick auf die Karwoche will er sich noch etwas überlegen. "Ich kann mir nicht vorstellen, Karfreitag und Gründonnerstag sang- und klanglos verstreichen zu lassen." Er baut auch auf die Gemeindemitglieder. "Vielleicht entstehen ja Ideen in der Facebook-Gruppe der Gemeinde, wie man Ostern zusammen feiern kann ohne sich physisch zu treffen."
Brüssel zu verlassen, kommt für Severin nicht in Frage. "Ich bin Pfarrer hier, und das ist jetzt meine Familie, um die ich mich kümmern muss", sagt er entschlossen. Zumal es ja kein "sicheres" Ausland gebe.
314 Kilometer südwestlich von Brüssel sitzt Pfarrer Markus Hirlinger. Er leitet die deutschsprachige katholische Gemeinde in Paris. Dort gilt seit Dienstag eine Ausgangssperre. Sie wird strenger gehandhabt als in Belgien. Für jeden Schritt vor die Haustüre müsse man ein Dokument über seinen Wohnsitz in Paris mit sich führen - auch beim Joggen, erzählt er. Und zum Sporttreiben dürften sich die Franzosen nur eine gewisse Distanz vom Wohnort entfernen. "Ich habe Glück; in der Nähe gibt es einen Park", sagt er.
Großer Gesprächsbedarf
Dass die Situation eine Herausforderung für die Deutschen in Paris ist, spürt Hirlinger: "Schon nach zwei Tagen Ausgangssperre gibt es großen Gesprächsbedarf." Eigentlich waren für das Wochenende Bewerbungsgespräche für eine Freiwilligenstelle in der Gemeinde geplant. Fünf Kandidaten sollten nach Paris kommen. "Wir sprechen nun per Skype", so Hirlinger. Wie seine Kollegen in Den Haag und Brüssel arbeitet er derzeit viel am Telefon oder Computer.