Die katholische Deutsche Bischofskonferenz zeigte sich enttäuscht über die Ankündigung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), während die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) ihre Unterstützung der Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie betonte.
Beide Kirchen kündigten an, bei dem für Freitag geplanten Gespräch mit der Bundesregierung Lösungsvorschläge zur Religionsausübung unter Wahrung des Infektionsschutzes einbringen zu wollen.
DBK hat Verbot nicht nachvollziehen
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, erklärte, angesichts von ersten Lockerungsmaßnahmen in anderen Bereichen des öffentlichen Lebens könne er das Verbot nicht nachvollziehen.
Dies sei auch "nach der sehr deutlichen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts" schwer nachvollziehbar, sagte er am Mittwoch in Bonn. Das Gericht hatte erklärt, dass die Verbote einen schweren Eingriff in das Grundrecht auf Religionsfreiheit darstellen und deshalb fortlaufend überprüft werden sollten.
Weiter betonte der Limburger Bischof, die Ostertage hätten gezeigt, dass Gottesdienste vielen Millionen Menschen Orientierung und Halt unter den schwierigen Lebensbedingungen der Krise gäben.
Das Verbot greife tief in das Recht der freien Religionsausübung ein. Der Tageszeitung "Welt" (Donnerstag) sagte Bätzing zudem, für die katholische Kirche könne er sagen, dass diese durchaus in der Lage sei, die Hygiene-Standards und Abstandsregeln einzuhalten.
EKD unterstützt Maßnahmen
Die Evangelische Kirche in Deutschland unterstütze "ausdrücklich die weiterhin notwendige gesamtgesellschaftliche Anstrengung, das Leid, das durch die Ausbreitung des Coronavirus entsteht, soweit irgend möglich zu begrenzen", sagte der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm am Mittwochabend in Hannover.
Merkel habe "ausdrücklich gewürdigt, dass die Kirchen am gerade zurückliegenden Osterfest vielfältige Wege gefunden haben, Gottesdienste zu feiern, ohne sich in den Kirchen zu versammeln und damit das Infektionsrisiko zu erhöhen", so der Bayerische Landesbischof. "Dafür sind wir dankbar."
Mit Blick auf die Gespräche mit der Bundesregierung zeigte er sich "zuversichtlich, dass das sehr bald zu einvernehmlichen Klärungen führt, die verantwortbare Formen des Gottesdienstes in unseren Kirchen wieder ermöglichen".
Bischof Ipolt bedauert verlängertes Gottesdienstverbot
Der Görlitzer Bischof Wolfgang Ipolt hat unterdessen das verlängerte Verbot öffentlicher Gottesdienste als bedauerlich bezeichnet. "Der Verzicht auf die Feier des Osterfestes war ein großes Opfer, das die Kirchen in dieser Zeit gebracht haben", erklärte Ipolt in Görlitz. Er hoffe sehr, dass bei dem geplanten Treffen zwischen Bundesregierung und Religionsvertretern am Freitag eine "sinnvolle Einigung über die Möglichkeit von öffentlichen Gottesdiensten gefunden wird".
Zugleich betonte Ipolt: "Selbstverständlich werde ich die Gemeinden im Bistum Görlitz dazu anhalten, dabei die vorgeschriebenen Vorsichtsmaßnahmen unbedingt einzuhalten." Der Bischof bezeichnete die neuen Lockerungen der Corona-Regelungen als ein "Zeichen der Hoffnung". So könne das normale Leben langsam wieder zurückkehren.
"Wir dürfen uns nicht von Infektionsangst oder gar Todesangst treiben lassen", mahnte Ipolt. "Ostern ist da für mich das große Hoffnungsreservoir, aus dem wir Christen leben."
Bischof Hanke kritisiert Beschlüsse zu Gottesdiensten
Auch der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke hat den Stufenplan zur Lockerung der Maßnahmen wegen der Corona-Pandemie kritisiert. Es sei für ihn nicht verständlich, dass die Kirchen mit ihrem Dienst darin keinerlei Platz gefunden hätten, sagte Hanke am Donnerstag.
Dass etwa Märkte und Geschäfte bis zu einer gewissen Größenordnung berücksichtigt worden seien, nicht jedoch die Kirchen mit ihren pastoralen Diensten, deute nicht nur auf eine einseitige Berücksichtigung wirtschaftlicher Interessen hin, sondern sei auch vor dem Hintergrund der Gleichbehandlung wie auch der Wahrung religiöser Grundrechte zu hinterfragen.
Hanke sagte: "Auch für die Kirchen wäre eine stufenweise Wiederaufnahme der öffentlichen Gottesdienste und pastoraler Angebote naheliegend gewesen, etwa die Feier von Gottesdiensten in Kirchen mit entsprechender Fläche, in der eine Feiergestaltung möglich wäre, bei der die Gefahr der Ansteckung mit dem Covid-19-Virus vermieden werden könnte." Der Bischof dankte in diesem Zusammenhang dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, für seine deutliche Positionierung in dieser Frage.
Welche Regeln nun gelten
Am Mittwoch hatte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel ausdrücklich bei den Kirchen bedankt. Obwohl keine öffentlichen Gottesdienste stattfinden könnten, hätten sie Kreativität bewiesen und dafür gesorgt, dass die Menschen etwa durch Online-Gottesdienste ihre Religion weiter ausüben könnten. Merkel hatte sich zuvor mit den Ministerpräsidenten der Länder auf diese und weitere Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Krise verständigt.
Schrittweise Öffnung der Schulen ab 4. Mai
Zudem gelte weiter die Abstandsregel von 1,5 Metern, so die Bundeskanzlerin weiter. In der Öffentlichkeit dürften sich die Menschen weiterhin nur alleine oder mit einer weiteren nicht im Haushalt lebenden Menschen oder mit Angehörigen des eigenen Hausstandes aufhalten. Zudem empfahlen Bundeskanzlerin sowie die Länderchefs das Tragen von Alltagsmasken im öffentlichen Nahverkehr sowie beim Einkauf. Eine schrittweise Öffnung der Schulen solle es ab dem 4. Mai geben. Dabei hätten die Abschlussklassen den Vorrang.
Pflegeheime sowie Senioren- und Behinderteneinrichtungen sollten individuelle Konzepte entwickeln, um einer völligen sozialen Isolation der Heimbewohner entgegen zu wirken. Dabei solle externer Sachverstand hinzugezogen werden.
Großveranstaltungen sollen laut den Vereinbarungen mindestens bis zum 31. August untersagt sein. Am 30. April ist die nächste Konferenz von Bundesregierung und Länderchefs geplant. Mit Blick auf die Eindämmung der Pandemie sprach Merkel von einem "zerbrechlichen Zwischenerfolg". Es gebe "nicht viel Spielraum" für Lockerungen.