Bund und Länder ringen um neue Vorschriften

Gottesdienste in Zeiten der Pandemie

Seit Wochen gibt es Gottesdienste in den meisten Bundesländern nur noch via Rundfunk oder Livestream. Das soll sich bald ändern. Doch der Teufel steckt im Detail.

Gottesdienst in der Propsteikirche in Leipzig / © Dominik Wolf (KNA)
Gottesdienst in der Propsteikirche in Leipzig / © Dominik Wolf ( KNA )

Von einem Flickenteppich ist dieser Tage oft die Rede, wenn es um Einschränkungen und Lockerungen in Zeiten der Pandemie geht. In keinem Bereich ist dieser Ausdruck wohl so zutreffend wie bei den Gottesdiensten. Denn hier überschneidet sich die Regelungskompetenz des Bundes und der 16 Bundesländer mit einer Vielfalt religiöser Gemeinschaften, die wiederum ganz unterschiedlich organisiert sind.

Da sind einmal die territorial oft ganz anders als die Länder zugeschnittenen 27 katholischen Bistümer, die 20 evangelischen Landeskirchen, die Gebiete der 19 orthodoxen Bischöfe und die evangelischen Freikirchen. Unter bundesweiten Dachverbänden organisiert, im Detail aber dann doch nicht immer im Gleichklang sprechend, treten hingegen die jüdischen und die muslimischen Gemeinschaften auf.

Und dann gibt es noch die vielen "Sonstigen": Zeugen Jehovas und Mormonen, Jesiden, Hindus und Buddhisten - bis hin zu den Bahai und den Zoroastriern. Inzwischen 16 Schutzkonzepte haben die Religionsgemeinschaften inzwischen vorgelegt. Aber nicht überall sind die Verantwortlichkeiten so klar organisiert wie in einem katholischen Bistum oder in einer evangelischen Landeskirche.

Grundrecht auf Religionsfreiheit

Trotz der komplizierten Gemengelage zeichnet sich für den Mai ein klarer Trend für alle Länder ab. Grundlage ist eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11. April. Es hatte betont, das Verbot öffentlicher Gottesdienste stelle eine schwere Beeinträchtigung des Grundrechts auf Religionsfreiheit dar. Und es hatte eine strenge Überprüfung der Verhältnismäßigkeit dieser Maßnahme angemahnt. Das unterscheidet diesen Bereich der Gesellschaft von anderen, wie etwa dem Sport oder dem Kulturbetrieb, die nicht unter Grundrechts-Schutz stehen.

Im Osten der Republik, wo prozentual die wenigsten Gottgläubigen leben, sind einige Länder vorgeprescht. Je nach Land wurden wieder Versammlungen in Gotteshäusern mit 15 (Sachsen), 30 (Thüringen) oder sogar 50 (Berlin) Teilnehmern zugelassen oder angekündigt. Seither zeichnen sich in allen Bundesländern Öffnungen ab, wobei das Modell der numerischen Obergrenze in den Hintergrund tritt.

Überall müssen die Religionsgemeinschaften überzeugende Schutzkonzepte mit Abstandsregeln und Hygienevorschriften vorlegen. Die Höchstzahl der Teilnehmer wird je nach Größe der Sakralbauten festgelegt. Entscheidend ist, ob bei der Bestuhlung sowie vor den Eingängen die Mindestabstände eingehalten werden.

Alles neu macht der Mai

In NRW, Rheinland-Pfalz und dem Saarland sprechen kirchliche Kreise und Landespolitiker von einem Neustart Anfang Mai - sofern bis dahin die Schutzkonzepte behördliche Zustimmung finden. Auch Bayern und Brandenburg haben den 4. Mai angepeilt. Der größte Gottesdienst könnte dann im Kölner Dom stattfinden. Fast 8.000 Quadratmeter Kirchenraum sind ein weiter Rahmen, von dem andere in diesen Zeiten nur träumen können. Da aber die Kirchenbänke regulär nur Platz für 800 Menschen bieten, werden sich selbst im Kölner Dom wohl kaum mehr als 100 Gläubige versammeln dürfen.

Etwas vorsichtiger als im äußersten Westen und im Osten der Republik tasten sich die übrigen Länder an die Rückkehr der Gemeinschaftsgottesdienste heran. Von Schleswig-Holstein über Niedersachsen und Hessen rechnen die Vertreter von evangelischer und katholischer Kirche frühestens am 10. Mai wieder mit öffentlichen Sonntagsgottesdiensten.

Zahlen im Blick behalten

Alle denkbaren Schritte stehen unter Vorbehalt. Zunächst dürfen die Corona-Infektionszahlen nach den jüngsten Lockerungen im Einzelhandel nicht wieder stark nach oben schnellen. Sodann müssen sich Bundesregierung und Landesregierungen bei ihrer nächsten Konferenz darauf verständigen, unter welchen Rahmenbedingungen sie wieder mehr Gemeinschaftsgottesdienste zulassen wollen.

Bleibt diese Zustimmung aus, könnten sogar die in einigen Bundesländern bereits beschlossenen Öffnungen wieder hinterfragt werden. Verbieten kann der Bund sie jedoch nicht, denn wie bei den Schulen liegt die Regelungskompetenz für Religionsangelegenheiten überwiegend bei den Ländern.


Quelle:
KNA
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