"Das Land an diesem Morgen erschien zerklüftet und unfruchtbar ohne Holz." So schilderte der Botaniker Joseph Banks seine ersten Eindrücke von Australien. Man schrieb den 28. April 1770. Dieser Tag vor 250 Jahren sollte als Schlüsselmoment in die Geschichte des fünften Kontinents eingehen. Zwar waren bereits ab Mitte des 16. Jahrhunderts europäische Seefahrer in der Gegend unterwegs. Aber erst mit der Reisegesellschaft um Banks setzten sie sich endgültig am "anderen Ende der Welt" fest.
Akazien, Eukalyptus und "Riesenhasen"
Die Leitung über die knapp 100 Mann starke Expedition lag bei Banks englischem Landsmann James Cook. Die "Endeavour", ein umgebauter Kohlefrachter, war fast zwei Jahre zuvor mit einem klaren Auftrag in See gestochen. Vordergründig ging es darum, ein besonderes Himmelsphänomen zu beobachten: das Vorüberziehen des Planeten Venus vor der Sonne. Den Pazifik wählten die Engländer dafür aus, um dort zugleich nach dem Südland, der "Terra australis incognita" zu suchen. Dieser "letzte Erdteil" galt nach alter Überlieferung als Gegengewicht zu den Landmassen der Alten Welt.
Cook und seine Männer sollten dieses Territorium erforschen und für den König in Besitz nehmen - wenn es denn tatsächlich existierte. Das Schiff war zu diesem Zweck vollgestopft mit modernstem Equipment. Cook-Biograf Otto Emersleben spricht von einer "Arche Noah des Aufklärungszeitalters". Banks gehörte zu der Gruppe von Wissenschaftlern in Cooks Crew und machte sich bald daran, die australische Pflanzen- und Tierwelt näher unter die Lupe zu nehmen.
Die heute zu Sydney gehörende Bucht, die den Europäern erst so spröde vorkam, wird später auf den Namen Botany Bay getauft, die neueste Besitzung des Königreichs "New South Wales". Neben der ungewöhnlichen Pflanzenwelt - die Banks und seine Kollegen in Form von Eukalyptus und Akazie später nach Europa brachten - sorgten "Riesenhasen" für Erstaunen bei den Engländern: Kängurus.
Auf Hawaii fand Cook den Tod
Fast drei Jahre war die "Endeavour" insgesamt unterwegs, passierte die zu Ehren der Royal Society so getauften "Gesellschaftsinseln" um Tahiti, kreuzte vor Neuseeland, bevor sie an die Ostküste Australiens gelangte, seinerzeit "Neuholland" genannt. Schließlich bahnte sie sich einen Weg entlang des Great Barrier Reef. "Ich habe zwar keine sehr großen Entdeckungen gemacht", bilanzierte Cook nüchtern, "aber die Südsee gründlicher erforscht als all meine Vorgänger". Dort bleibe "nur noch wenig" zu tun.
Dessen ungeachtet befehligte Cook noch zwei weitere Expeditionen. Seine letzte Reise endete freilich in einer Tragödie. Auf Hawaii findet er am 24. Februar 1779 den Tod - erschlagen von Einheimischen. Von dem großen Entdecker blieben angeblich nur sein Dreispitz und ein paar Knochen. Die fleischlichen Überreste sollen die Hawaiianer kultisch verzehrt haben. Ob sie den Getöteten tatsächlich mit einer Gottheit namens Lono gleichsetzten, ist laut Historiker Wolfgang Reinhard umstritten. Gewalt und "kulturelle Verständigungsprobleme" hätten Cook letzten Endes buchstäblich das Genick gebrochen.
Der durch Cooks Reisen hervorgerufene Zusammenprall der Kulturen zeitigte jedoch vor allem dramatische Folgen für die Menschen, die lange vor den Europäern in Australien siedelten. Die Aborigines hatten dem Landhunger und dem Herrschaftswillen der Neuankömmlinge wenig entgegenzusetzen. Zwischen 315.000 und einer Million von ihnen lebten schätzungsweise bei der Ankunft der Engländer auf dem Kontinent. 1786 entschied die Regierung in London, auf der dünn besiedelten Landmasse im Pazifik eine Sträflingskolonie einzurichten. Ein Jahr darauf lief die erste Flotte mit 1.000 Personen an Bord aus - davon 757 Sträflinge. Etwa eineinhalb Jahrhunderte später, 1921, wurden noch 75.000 Aborigines in Australien gezählt.
Von Joachim Heinz