"Menschen sind in Not geraten, weil sie krank geworden sind, weil Angehörige gestorben sind, weil sie wirtschaftlich gefährdet sind", sagte Bischof Bätzing in einer am Freitag auf Facebook veröffentlichten Videobotschaft. In dieser Situation seien alle gefordert, andere zu unterstützen - "materiell und auch auf andere Weise, wie wir es nur können".
Tag der Arbeit auch im Internet
Da viele Kundgebungen zum 1. Mai durch die Abstandsregeln nicht oder nur eingeschränkt möglich sind, haben Gewerkschaften und Aktivisten dazu aufgerufen, den Tag der Arbeit im Internet zu begehen. So erklären Menschen aus ganz Deutschland in Video-Statements, was Solidarität für sie bedeutet. Es handle sich um einen christlichen Grundbegriff, sagte Bätzing. "Man könnte auch übersetzen: Nächstenliebe - und die meint alle."
Nach Einschätzung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) soll der Verzicht auf Demonstrationen eine Ausnahme bleiben. Die momentane Krise decke "die Schwächen des Bildungssystems in Deutschland gnadenlos auf", sagte die Vorsitzende Marlis Tepe. Seit mindestens 20 Jahren werde Bildung "sträflich vernachlässigt". Weil die Reinung von Bildungseinrichtungen ausgelagert worden sei, sei es nun schwierig, Hygiene und Infektionsschutz sicherzustellen. Der digitale Wandel sei "zu spät und zu zögerlich angegangen worden. Zudem sind wir sehenden Auges in einen dramatischen Lehrkräfte- und Fachkräftemangel in den Kitas hineingesteuert", kritisierte die Expertin.
Warnung vor Ungleichheit
Durch den aktuellen Fernunterricht verschärften sich soziale Spaltungen, fügte Tepe hinzu. "Kinder aus armen Familien sind schlechter mit digitalen Medien ausgestattet, sie müssen in beengten Wohnverhältnissen lernen", erklärte sie. Dies müsse unverzüglich gelöst werden. Auch die Situation von prekär Beschäftigten in der Weiterbildung und an Hochschulen sowie die Lage von Studierenden bereite Sorgen: "Ihre Existenz ist bedroht, sie dürfen nicht ins Bodenlose fallen", mahnte die GEW-Vorsitzende.
Der Vorsitzende der Linksfraktion, Dietmar Bartsch, rechnet ebenfalls mit verschärften gesellschaftlichen Konflikten. Angesichts der steigenden Zahl von Kurzarbeitern und drohender Arbeitslosigkeit sei das Engagement von Gewerkschaften und Parteien gefragt, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. Die erwartete schwere Wirtschaftskrise werde "fast jeden in unserem Land treffen", so Bartsch. "Das ist eine Riesengefahr und eine große Herausforderung. Aber es ist auch eine Chance für neuen sozialen Zusammenhalt."