Der Grundwert der Menschenwürde gelte für alle Menschen gleichermaßen und die elementarste Voraussetzung dafür aber sei das Recht auf Leben, sagte der SPD-Politiker dem Berliner "Tagesspiegel" (Samstag).
Menschenwürde könne nur haben, wer das Recht auf Leben erfahren habe und erfahre - "egal ob jung oder alt, gesund oder krank, risikoarm
oder risikoreich".
Thierse bezieht sich auf Grundgesetz
Das Grundgesetz formuliere in seinen Artikel 1 (Die Würde des Menschen ist unantastbar) und 2 (Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich.) nicht ein Gegeneinander, sondern einen Zusammenhang.
Diesen aufzulösen, halte er für gefährlich. Führe dies doch zu Unterscheidungen, zu "Selektion" zwischen mehr oder weniger lebenswertem, also schützenswertem Leben. Das dürfe dem Staat nicht zustehen.
Palmers Äußerung hatte für viel Kritik gesorgt
Auslöser für die Debatte waren kritische Aussagen von Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) zu Auflagen zum Schutz von Risikogruppen. Er sagte am Dienstag im Sat.1-Frühstücksfernsehen: "Wir retten in Deutschland möglicherweise Menschen, die in einem halben Jahr sowieso tot wären." Später entschuldige sich Palmer für seine Äußerung. Er habe auf das "moralische Dilemma" hinweisen wollen.
Auch Äußerungen von Bundestagspräsident Schäuble sind in der Debatte. Im "Tagesspiegel" hatte der CDU-Politiker gesagt: "Wenn ich höre, alles andere habe vor dem Schutz des Lebens zurückzutreten, dann muss ich sagen, das ist in dieser Absolutheit nicht richtig." Wenn es überhaupt einen absoluten Wert im Grundgesetz gebe, so sei das die Würde des Menschen. Diese sei unantastbar.