Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) lehnt die Forderung von Ärzten nach rechtlicher Absicherung der Frage ab, welcher Patient im Extremfall gerettet werden soll und welcher nicht.
Das Bundesverfassungsgericht habe in anderem Zusammenhang festgelegt, "dass jedes Leben gleich schützenswert ist und dass es nicht gegen ein anderes Leben abgewogen werden darf", sagte Lambrecht der "Welt am Sonntag".
Nach medizinischen Erwägungen entscheiden
Der Gesetzgeber komme bei diesem Problem an Grenzen, fügte die Ministerin hinzu. Die Entscheidung könne "tatsächlich allein von den behandelnden Ärzten nach medizinischen Erwägungen getroffen werden".
Auch das vom CDU-Politiker Jens Spahn geführte Gesundheitsministerium sieht trotz der Corona-Pandemie offenbar keine Notwendigkeit, per Gesetz zu regeln, welcher Patient im Fall von unzureichenden Behandlungskapazitäten zuerst medizinisch versorgt werden soll. "Gesetzgeberischer Handlungsbedarf zu diesen medizinischen Fragen besteht nicht", heißt es in einer Antwort des Ministeriums auf eine Anfrage der Grünen.
"Tun alles, damit es nicht zu Konfliktsituationen kommt"
Bei einer Triage geht es um die Frage, wer überlebensnotwendige medizinische Ressourcen erhält, wenn sie nicht für alle Patienten vorhanden sind. In Italien, Frankreich oder Spanien sahen sich Ärzte angesichts der hohen Zahl an Corona-Patienten und fehlender Beatmungsgeräte hierzu zeitweise gezwungen.
Lambrecht sagte in dem Interview: "Wir tun alles, damit die Infektionsraten so bleiben, dass es zu diesen Konfliktsituationen nicht kommt." Aus denselben Gründen sei sie auch gegen die Theorie der Herdenimmunität, bei der 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung infiziert werden müssten.
"Man kann sich ausrechnen, wie viele dann auf Beatmungsgeräte und Intensivbetten angewiesen wären. Ganz abgesehen davon, dass der Erfolg dieses Weges bezweifelt werden muss", so die SPD-Politikerin.