Die Polizeigewalt gegen Demonstranten müsse unabhängig untersucht werden, sagte Weihbischof Joseph Ha Chi-shing im Gespräch mit dem asiatischen Pressedienst Ucanews (Dienstag). Die vom kommunistischen China gestützte katholische Regierungschefin von Hongkong, Carrie Lam, ignoriere diese Forderung, kritisierte Ha. Wenn dieses fundamentale Problem nicht gelöst werde, "werden die Menschen weiter protestieren", erklärte Ha.
Mit Schlagstöcken und Pfefferspray gegen Demonstranten
Die Polizei war am Muttertag mit Schlagstöcken und Pfefferspray gegen Demonstranten vorgegangen, die mit Liedern in Einkaufszentren für Demokratie und die Einführung des allgemeinen Wahlrechts sangen. Mehr als 230 Teilnehmer wurden verhaftet.
Beobachter kritisieren, Peking nutze die allgemeine Konzentration auf die Corona-Pandemie, um Hongkongs Autonomie ins Visier zu nehmen. Am Mittwoch brandmarkte die chinesische Behörde für Hongkong und Macao die Demokratiebewegung als "politisches Virus". Man werde dem Treiben dieser "gnadenlos verrückten Kräfte" nicht tatenlos zusehen, hieß es.
Mitte April wurden in Hongkong 14 führende Persönlichkeiten der Massenproteste von 2019 verhaftet. Im benachbarten Macao wurde laut Medienberichten erstmals seit 20 Jahren eine Fotoausstellung zum Jahrestag des Massakers vom Platz des Himmlischen Friedens in Peking verboten. Am 4. Juni 1989 schlug das chinesische Regime dort Proteste der Demokratiebewegung blutig nieder.
Höhlt China das Prinzip "ein Land, zwei Systeme" aus?
Für die kommenden Wochen rechnen Beobachter in Hongkong wegen mehrerer politisch bedeutsamer Daten mit verstärkten Aktivitäten der Demokratiebewegung. Am 1. Juli jährt sich die Rückgabe der früheren britischen Kolonie Hongkong an die Volksrepublik China zum 23. Mal. Für 6. September stehen Wahlen zu Hongkongs Parlament an, dem Legislativrat. Die Bezirkswahlen im November gewannen die chinakritischen und pro-demokratischen Parteien mit einem Erdrutschsieg.
2019 war Hongkong Schauplatz monatelanger Massenproteste gegen den zunehmenden Einfluss Chinas auf seine Sonderverwaltungszone. Auslöser war der inzwischen zurückgezogene Gesetzentwurf, der die Auslieferung von Straftätern an die Volksrepublik ermöglichen sollte. Millionen Bürger Hongkongs sahen in dem Gesetz einen weiteren Schritt Chinas, das bei der Rückgabe garantierte Prinzip "ein Land, zwei Systeme" auszuhöhlen.