Kein Zweifel: Die Bezeichnung ist bisweilen hoch politisch. Das zeigt sich schon am Versuch von US-Präsident Donald Trump, die Coronavirus-Pandemie als China-Virus zu etikettieren und dem weltpolitischen Konkurrenten Schuld zuzuweisen.
Wuhan-Virus?
Wie die in Wiesbaden ansässigen Sprachwissenschaftler der Gesellschaft für deutsche Sprache erläutern, gab es unter den Forschenden unmittelbar nach der Entdeckung des Coronavirus Sars-CoV-2 auch den Vorschlag, das Virus nach der Stadt Wuhan zu taufen und es als WH-Human-1-Coronavirus zu bezeichnen. Die Buchstaben WH stehen für Wuhan. Bei der Bezeichnung der Krankheit, die durch das Virus ausgelöst wird, hat sich aber Covid-19 durchgesetzt - ein Kurzwort aus dem englischen Ausdruck Coronavirus-Disease-2019.
WHO gegen Orst- und Personennamen
Insbesondere die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte schon 2015 angemahnt, Krankheiten oder ihren Erreger nicht von Personen- oder Ortsnamen abzuleiten. Ganze Regionen und ihre Bewohner könnten sich mit einem tödlichen Erreger assoziiert sehen; das könne zu rassistischen Übergriffen führen. Dabei sind geografische Bezeichnungen für Seuchen schon lange üblich: Weithin vergessen ist die "Hongkong-Grippe".
Hongkong-Grippe
Das Virus A(H3N2) trat erstmals Mitte 1968 in der britischen Kronkolonie auf und breitete sich in den darauffolgenden eineinhalb Jahren rund um den Erdball aus. Hunderttausende starben. In der Bundesrepublik gab es im Winterhalbjahr 1969/70 die schwersten Ausbrüche; Schätzungen gehen von bis zu 40.000 Toten aus. Bereits 1957 hatte die "Asiatische Grippe" von Hongkong aus die Welt erobert und rund eine Million Tote gefordert. Chinesische Flüchtlinge hatten das Virus in die Stadt gebracht.
Spanische Grippe
Keine andere Krankheit hat in einem so kurzen Zeitraum so viele Menschenleben gefordert wie die "Spanische Grippe" Ende des Ersten Weltkriegs. Dabei hatte die Pandemie, bei der nach Schätzungen weltweit rund 50 Millionen Menschen starben, mit Spanien eigentlich wenig zu tun. Die ersten Fälle traten im März 1918 in einem US-Militärcamp in Kansas auf. Weil in Spanien aber keine Pressezensur herrschte, wurde dort sehr offen über die Pandemie berichtet. Deshalb auch ihr Name.
Flandrisches Fieber
In Deutschland war zwischenzeitlich auch vom Flandrischen Fieber die Rede, weil viele Soldaten auf den belgischen Schlachtfeldern davon betroffen waren. Solche geografischen Benennungen lassen sich bis in die Antike zurückverfolgen: Die Attische Seuche wütete etwa 500 Jahre vor Christus in Athen, der Englische Schweiß war eine bis heute ungeklärte Erkrankung, die im 15. und 16. Jahrhundert vor allem in England auftrat.
In jüngerer Vergangenheit machten Mers, das "Middle East Respiratory Syndrome" und das Zika-Virus Schlagzeilen. Mers trat zuerst im Mittleren Osten (engl. Middle East) auf, das Zika-Virus ist nach dem Zika Forest benannt, einem Wald in Uganda, wo es zuerst nachgewiesen werden konnte. Ebola geht auf einen Fluss im Kongo zurück, in dessen Nähe 1976 die erste große Epidemie ausbrach.
25 Millionen Menschen erlagen der Pest
Keine Krankheit hat in Europa mehr Opfer gefordert als die Pest. Zwischen 1347 und 1351 raffte die Krankheit, die durch das Bakterium Yersinia pestis ausgelöst wird, 25 Millionen Menschen dahin. Bei Erkrankten traten schwarze Beulen auf, weshalb sie auch als "Schwarzer Tod" bezeichnet wird.
Herrschernamen
Andere Pest-Epidemien zeigen ein anderes Namensmuster: Die Antoninische Pest bezeichnet eine Krankheitswelle im zweiten Jahrhundert nach Christus. Namenspate ist Marcus Aurelius Antoninus, bekannt als römischer Kaiser Mark Aurel, in dessen Regierungszeit sie fiel. Ähnlich die Justinianische Pest, die zur Regierungszeit des oströmischen Kaisers Justinian (527-565) ausbrach und als größte Epidemie der Antike gilt.
Tiernamen
Andere Erreger und Krankheiten sind nach Tieren benannt, die im Zusammenhang mit der Verbreitung gesehen werden, beispielsweise die Vogelgrippe oder die Schweinegrippe. Auch Personengruppen mussten schon Namenspate für Erkrankungen stehen, wie etwa im Fall der Legionärskrankheit.