Bessere Arbeitsbedingungen in den Schlachthöfen würden laut Sozialpfarrer Peter Kossen nur zu einem minimalen Anstieg des Fleischpreises im Supermarkt führen. "Das wird gar nicht so viel teurer werden", sagte der Theologe der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Lengerich.
Anstieg nur um einstellige Cent-Beträge
Der Anteil der Personalkosten am Fleischpreis sei extrem gering. Würden alle Arbeiter in der Produktionskette tatsächlich den Mindestlohn verdienen, würde der Preis nur um einstellige Cent-Beträge steigen. Kossen beobachtet seit Jahren die Fleischindustrie und setzt sich für die Rechte von Arbeitern ein.
Der Leiter des Instituts für Theologische Zoologie in Münster, Rainer Hagencord, erinnerte zudem an die Folgekosten von Massentierhaltung und entsprechender Schlachtung. "Das Billigfleisch ist ja unfassbar teuer, wenn man an die Kollateralschäden denkt", sagte er auf Anfrage. Unter anderem werde das Grundwasser verschmutzt. Das jetzige System entwürdige kleinbäuerliche Betriebe, Arbeitsmigranten und Tiere.
In mehreren Schlachthöfen und Fleischbetrieben in Deutschland hatten sich zuletzt Arbeiter mit dem Coronavirus infiziert. Die Vorfälle warfen ein Schlaglicht auf die Arbeitsbedingungen der Werkarbeiter, die oft aus Osteuropa stammen.
Viele seien über Personaldienstleister auf Mindestlohnbasis engagiert, müssten aber massiv Überstunden leisten, die nicht angerechnet würden, sagte Kossen. "So werden ihnen große Teile des Lohns schlichtweg vorenthalten." Viele wehrten sich nicht, weil sie die Kraft nicht hätten. Die Perspektivlosigkeit in den Heimatländern sei groß. Zudem unterstützten viele Migranten mit dem Geld aus Deutschland ihre Familien zu Hause.
Kossen forderte weniger Werkverträge in den Schlachthöfen, bessere Wohnverhältnisse für die Arbeitsmigranten und mehr Bemühungen um deren Integration. Zudem müsse der Unterbietungswettbewerb zwischen den Supermarktketten aufhören.
Rolle der Verbraucher
Hagencord erinnerte an die Rolle der Verbraucher. Der Realist in ihm könne Fleisch, das unter würdigen Bedingungen für Mensch und Tier hergestellt wurde, nicht verteufeln. "Aber der Fundi in mir stellt schon die Frage: Was rechtfertig die Tötung unschuldiger Tiere?" Wo Tiere litten, litten am Ende auch die Menschen. Aber: "Wir als Gesellschaft haben das delegiert. Wir machen diese Arbeit nicht mehr.
Wir sehen nur das supermarkt-verpackte und möglichst billige Schnitzel." Der Theologe forderte Bildungsprogramme, damit den Menschen die Herkunft tierischer Produkte wieder klar werde. Zudem müssten sie mehr über das jetzige System erfahren.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) kündigte am Montag in Berlin Maßnahmen an, um die Lage der Werkarbeiter in Fleischbetrieben zu verbessern. Heil sprach von organisierter Verantwortungslosigkeit.
"Deshalb müssen und werden wir in dieser Branche aufräumen, um in einer sozialen Marktwirtschaft auch würdige Zustände zu schaffen." Am Mittwoch solle das Bundeskabinett entsprechende Beschlüsse fassen.