Wohnungslosen-Seelsorge in Zeiten von Corona

Mit Solidarität und Schutzmaske

Zuhause bleiben geht nicht, wenn es kein Zuhause gibt: Corona stellt auch die Wohnungslosen-Seelsorge vor Herausforderungen. Schwester Christina Klein freut sich über die Essensausgabe im Kölner Priesterseminar und 18.000 Euro Spenden für die Wohnungslosenkirche Gubbio.

Josef und Schwester Christina im Priesterseminar Köln / © Hilde Regeniter (DR)
Josef und Schwester Christina im Priesterseminar Köln / © Hilde Regeniter ( DR )

Am schwersten fällt ihr das Abstandhalten. Die Franziskanerin Christina Klein ist Wohnungslosenseelsorgerin im Erzbistum Köln und sagt: "Auf zwei Meter Distanz geht viel verloren. Die Nähe fehlt". Weil aber die Menschen auf der Straße gerade jetzt besonders ausgehungert sind nach Gespräch und Gemeinschaft, versucht sie, noch intensiver zuzuhören und länger beim Einzelnen zu verweilen.

In Ordenstracht und mit Mundschutz dreht Schwester Christina täglich ihre Runde am Kölner Hauptbahnhof und den einschlägigen Schlaforten und spricht die Leute an. Bei vielen mache sie eine "gewisse Traurigkeit" aus, erzählt sie, die sie vorher so nicht erlebt habe. Als die Straßen noch wie leer gefegt waren, da seien die Wohnungslosen eben ganz auf sich selbst geworfen gewesen. "Sie sind jetzt noch einmal ganz anders mit ihrer inneren Situation konfrontiert."

Viele neue Gesichter

Außerdem beobachtet die Ordensfrau in diesen seltsamen Corona-Wochen viele neue Gesichter unter den Wohnungslosen, aus dem Gefängnis Entlassene zum Beispiel oder auch einfach Leute, die gehört haben, dass sie in Köln besser auf der Straße versorgt werden als anderswo.

Zu Beginn der Krise haben Sr. Christina und ihre Helfer von der Wohnungslosenkirche Gubbio vor allem Einkaufsgutscheine an ihre Schützlinge verteilt; schließlich waren die meisten Essensausgaben und andere Angebote für Obdachlose fast alle geschlossen oder gestrichen. Groß sei die Solidarität gewesen, bis heute habe Gubbio etwa 18.000 Euro Spenden erhalten. Und auch dank dieser Spenden kann Sr. Christina Bedürftige längst ins Kölner Priesterseminar schicken, seitdem Kardinal Rainer Maria Woelki  das Haus Ende März nämlich für Wohnungslose geöffnet hat. Anfangs bekamen sie hier täglich mittags eine warme Mahlzeit, mittlerweile noch an drei Tagen die Woche, einmal wöchentlich können sie zum Duschen kommen.

"Wilde-Horde" nähen Mundschutze

Christina Klein und Weihbischof Ansgar Puff sind als Wohnungslosenseelsorger jedes Mal da und ansprechbar, wenn um die 150 Leute vor dem Priesterseminar Schlange stehen, von Helfern willkommen geheißen, dann zum Händewaschen geschickt und schließlich an 20 Einzeltische im Flur geleitet werden, wo sie in Ruhe und mit Blick in den grünen Innenhof  essen können. Sr. Christina freut sich, dass das System so gut funktioniert: Die Speisen kommen aus der Kantine des Generalvikariats, ausgegeben werden sie von einem Team aus Theologiestudenten, Maltesern und Jugendlichen der Jugendkirche Crux. Mitglieder der FC-Köln-Ultras "Wilde Horde" nähen immer wieder Mund- und Nasenschutze für die Wohnungslosen.

Mindestens bis Pfingsten soll die Obdachlosen-Speisung im Priesterseminar weitergehen. Sr. Christina und ihre Mitarbeiter merken deutlich, wie die Gäste hier nicht nur das gute Essen genießen, sondern auch die Gemeinschaft, so weit sie unter den strengen Hygieneregelen möglich ist. Wer darüber hinaus Sehnsucht nach Spiritualität hat, den lädt sie auch in diesen Zeiten ins Gubbio ein.

Natürlich ist auch das Angebot der Wohnungslosenkirche in der Kölner Südstadt wegen Corona deutlich abgespeckt, gemütliches Beisammensein bei selbstgeschmierten Broten bis auf weiteres nicht drin. Aber immerhin stehen die Kirchentüren zwei Mal die Woche zum stillen Gebet offen. "Wir machen dann meditative Musik an und gegen Ende gibt es einen geistlichen Impuls", erzählt die Franziskanerin.

Eucharistiefeier ohne Anmeldung

Auch heute sind etwa zehn Leute gekommen. "Schwester Christina, müssen wir hier uns denn auch für Gottesdienste anmelden?" fragt eine Frau und die Seelsorgerin erklärt, dass das bei der ersten Eucharistiefeier nach der Zwangspause nicht nötig war und wohl bei der nächsten an Pfingsten nicht sein wird.

Sie hoffen, dass sie ab Juni wieder das gewohnte Bibelteilen anbieten können und haben dafür schon den Chorraum frei geräumt, um genügend Abstand zu garantieren. Dass sie demnächst auch mal wieder Kuchen kaufen oder Pizza bestellen können, um die Gubbio-Gemeinde zu stärken, das wünscht sich nicht nur Sr. Christina, sondern auch Josef, der in diesen Tagen regelmäßig im Priesterseminar isst und immer ins Gubbio kommt: Dass sie alle wieder zusammen feiern können, und "dass ich auch mal wieder einen Freund in den Arm nehmen kann. Aber ich bleibe lieber gesund und es dauert noch ein bisschen."


Quelle:
DR
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