Das Papstschreiben "Laudato si" sei hochaktuell und unterstreiche in der Coronakrise und bei der Frage ihrer Bewältigung "seine Bedeutung und Dringlichkeit", erklärte das katholische Hilfswerk Misereor am Samstag in Aachen.
Misereor-Hauptgeschäftsführer Pirmin Spiegel lenkte den Blick auf indigene Bevölkerungen. Diese würden kaum Zugang zu Intensivstationen, keine Beatmungsgeräte und keinen Sauerstoff bekommen - "das ist einer der Schmerzensrufe, die uns aus dem peruanischen Amazonasgebiet erreichen. Wie die Klimakrise bedroht das Coronavirus uns alle, aber nicht in der gleichen Weise."
"Unverhältnismäßig hohe Raten von Lungenkrankheiten"
Sie verfolgten Indigene, die afro-brasilianische Bevölkerung und Menschen, die in einkommensschwachen Gemeinden lebten, besonders, weil diese Bevölkerungsgruppen bereits an "unverhältnismäßig hohen Raten von Lungenkrankheiten" litten, so Spiegel. Die Pandemie bedrohe Sicherheiten existenziell und hebe Ungerechtigkeiten hervor.
"Diese Schmerzensrufe klingen wie ein langanhaltendes Echo der Enzyklika 'Laudato si', die die soziale und ökologische Krise zusammen denkt", erklärte der Hauptgeschäftsführer. Bildung, Gesundheitssysteme und Rohstoffe seien Güter, die nicht exklusiv sein sollten. Solche Gedanken des Papstes wirkten in Politik und soziale Bewegungen und beeinflussten die internationale Agenda.
Konsumgewohnheiten an Schöpfung ausrichten
"Die wirtschaftlichen Konjunkturprogramme öffnen eine Möglichkeit, das Gemeinwohl zu rehabilitieren. Der Wiederaufbau während und nach den Pandemie-Einschränkungen bieten eine Chance, um Produktionsmodelle und Konsumgewohnheiten an den Bedürfnissen der Verletzlichsten weltweit und der Schöpfung auszurichten, so wie es Papst Franziskus in 'Laudato si' gefordert hat", so Spiegel.
Benötigt würden "starke Stimmen", um Zukunftsinvestitionen sozial-ökologisch und vom Gemeinwohl her zu gestalten. "Dazu wird es keinen Automatismus geben", betonte Spiegel. Es werde deutlich, dass ein Wandel der Lebens- und Produktionsweise sowie eine Überwindung eines "zu stark ausgeprägten Individualismus" nötig seien.
Eine konkrete Gestaltungsmöglichkeit ergebe sich für Deutschland bei der Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft in der zweiten Jahreshälfte, so Spiegel. Sie werde stark von den Auswirkungen der Pandemie geprägt sein.