"Kommen Sie, machen Sie Urlaub in Italien!" Beinahe flehentlich klingen die Worte, mit denen die italienische Regierung in diesen Tagen um deutsche Touristen wirbt.
Außenminister Luigi Di Maio gab eigens der "Bild"-Zeitung ein Interview, um zu versichern, dass Urlauber aus Deutschland mit einem Lächeln willkommen geheißen würden. Die deutsch-italienischen Spannungen auf dem Höhepunkt der Corona-Krise - sie scheinen vergessen.
Denn zum einen hat Kanzlerin Angela Merkel inzwischen Milliarden-Hilfsgelder in Aussicht gestellt. Zum anderen ist Italiens Tourismuswirtschaft dringend auf die Einnahmen durch reisefreudige Deutsche angewiesen. Sieben Millionen sind es nach Angaben des Verbandes Coldiretti, die während eines normalen Sommers ihre Freizeit auf dem Stiefel verbringen. Damit stellt Deutschland mit Abstand die meisten ausländischen Gäste in dem Mittelmeerstaat.
Italien hat derzeit ein Imageproblem
Doch dieser Sommer, so viel ist klar, wird alles andere als normal. Italien, spätestens seit Goethe ein Sehnsuchtsland der Deutschen, hat wegen der Corona-Seuche mit dramatischen Imageproblemen zu kämpfen. Die mehr als 34.000 Toten lasten schwer auf der Halbinsel.
Trotz Tausender Küstenkilometer und Dutzender Welterbestätten wirkt sie derzeit nicht besonders attraktiv. Zu sehr haben sich die Bilder von Sarg-Konvois aus Bergamo ins kollektive Gedächtnis eingebrannt. Der Anfang März in die Wege geleitete Lockdown bescherte der Tourismusbranche Einnahmeausfälle in Höhe von 20 Milliarden Euro. Auf Dauer ist das freilich nicht durchzuhalten - Corona hin oder her.
Retten, was zu retten ist
Die Regierung bemüht sich nun nach Kräften, das getrübte Bild zu korrigieren. Mit Blick auf das Sommergeschäft lautet die Devise: retten, was zu retten ist. Weil im internationalen Wettbewerb um zahlende Reisekundschaft mit harten Bandagen gekämpft wird, kam es mitunter zu weniger gefälligen Formulierungen: "Wenn uns jemand wie ein Lazarett behandeln will", schrieb Di Maio empört auf Facebook, würden die Italiener sich das nicht gefallen lassen. Etliche EU-Länder hatten sich zuvor gesträubt, die Grenzen nach Italien wieder zu öffnen.
Lockerungen im ganzen Land
Das Drängen verfehlte seine Wirkung nicht. Deutschland etwa hebt die Reisewarnung für Italien zum 15. Juni auf. Einem Sommerurlaub am Gardasee steht damit im Grunde nichts mehr im Weg. Die Kommune Limone sul Garda beispielsweise bezeichnet sich in Sachen Corona als "absolut sicher". Gäste müssten zwar den obligatorischen Sicherheitsabstand einhalten, aber das Tragen von Schutzmasken am Strand oder in Restaurants sei nicht notwendig.
Das Werben wird flankiert durch zahlreiche Lockerungen und Initiativen. Weil die Infektionszahlen drastisch zurückgegangen sind, herrscht seit 3. Juni wieder Reisefreiheit im ganzen Land. Wer aus einem EU-Staat kommt, von dem wird keine Quarantäne mehr verlangt. Ab Montag sollen auch Kinos, Theater und Opernhäuser wieder öffnen dürfen.
Selbst Venedig freut sich jetzt wieder über Touristen
"Die Schönheit Italiens war nie in Quarantäne", betonte Ministerpräsident Giuseppe Conte. In der Tat: Kulturelle Attraktionen von Weltrang locken nach wie vor. Und sie können ohne Massenandrang besichtigt werden. Das gewöhnlich heillos überlaufene Venedig freut sich zurzeit über jeden einzelnen Gast.
Die wiedereröffneten Vatikanischen Museen bieten gegen Voranmeldung Führungen für Kleingruppen an. Ähnliches gilt für das Kolosseum. Die Uffizien in Florenz haben ihre Pforten seit Monatsbeginn ebenfalls wieder geöffnet. Der deutsche Museumsleiter Eike Schmidt sprach von einem "wichtigen und symbolischen Signal".
Auch Kirche unterstützt Italien
Auch die katholische Kirche hilft mit, um eine "Wiedergeburt" des Tourismus in Italien zu ermöglichen. So sicherten die Bischöfe der Emilia-Romagna der Branche jüngst ihre "Nähe und Unterstützung" zu.
Verantwortungsvolles Reisen könne in der von Misstrauen und Angst geprägten Corona-Zeit eine heilsame Wirkung haben. Egal, ob es sich um Tagesausflüge oder Besuche in Diözesanmuseen handele - "Wir sind an Ihrer Seite", so die Bischöfe.
Ungeachtet des geistlichen Beistands rechnen Experten mit allerhand Problemen in den nächsten Monaten. Die Hauptschwierigkeit sehen viele darin, Verkehr, Logistik und Transport rechtzeitig wieder in Gang zu bringen. Nur mit ausreichend Flugangeboten könne es gelingen, den wirtschaftlichen Schaden in Grenzen zu halten. Der Tourismus-Sommer, heißt es, werde ein "absolutes Last-Minute-Geschäft".