Menschenrechtler kritisiert Werkverträge in Fleischindustrie

"Der gleiche Mist wie mit den Subunternehmern"

Der Theologe und Menschenrechtler Peter Kossen fürchtet, dass viele Unternehmen in der Fleischindustrie das geplante Verbot von Werkverträgen umgehen könnten. Dies geschehe durch die Gründung von Tochterunternehmen, so der Katholik.

Mitarbeiter in einem Fleischbetrieb / © Bernd Thissen (dpa)
Mitarbeiter in einem Fleischbetrieb / © Bernd Thissen ( dpa )

Dadurch würde erneut ein unübersichtliches Geflecht von Unternehmen entstehen, das nur schwer zu kontrollieren sei, sagte Kossen am Dienstag dem Evangelischen Pressedienst (epd) anlässlich eines erneuten Corona-Ausbruchs in einem Schlachtbetrieb: "Das ist dann der gleiche Mist wie mit den Subunternehmern und den Werkverträgen."

Debatte nach erneutem Ausbruch

In einem Geflügelschlachthof in Lohne bei Vechta waren am Wochenende 66 Arbeiter positiv auf das Coronavirus getestet worden. Die stetig steigende Zahl von Corona-Infektionen bei Schlachthof-Mitarbeitern deute darauf hin, dass die Pläne von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) längst überfällig seien, sagte der Pfarrer aus dem westfälischen Lengerich. "Es muss jetzt einen harten Schnitt geben, denn das Werkvertragssystem ist in der Fleischindustrie bis zur Unkenntlichkeit missbraucht worden."

Pfarrer Peter Kossen schwarz/weiß / © Privat (DR)
Pfarrer Peter Kossen schwarz/weiß / © Privat ( DR )

Der Tönnies-Konzern hatte in der vergangenen Woche nach Medienberichten 15 Tochterfirmen gegründet. Dort sollen nach und nach Werkvertragsarbeiter fest angestellt werden.

Heil hatte angekündigt, das Werkvertragssystem in der Fleischindustrie zum 1. Januar 2021 zu beenden. Zudem sollen Bußgelder bei Arbeitszeitverstößen erhöht und die Kontrollen verschärft werden. Er will noch in diesem Monat einen Gesetzentwurf vorlegen.

Bessere Integration nötig

Kossen sagte, abgesehen vom Verbot sei es dringend notwendig, dass die Arbeiter und ihre Familien bei der Integration in die deutsche Gesellschaft unterstützt würden. Dafür gebe es bislang viel zu wenige Angebote. 

Sie müssten zudem besser über ihre Rechte und die Möglichkeiten der gewerkschaftlichen Organisation aufgeklärt werden, forderte der Priester. Nur mit starken Gewerkschaften lasse sich der besorgniserregende Trend aufhalten und umkehren, dass immer mehr Firmen aus den Tarifen ausstiegen.

In der Corona-Krise sei es dringend notwendig, die Leistung der Arbeiter in den Schlachthallen zu verringern, sagte Kossen. Mit einer Mund-Nasen-Bedeckung könnten die Arbeiter einfach nicht so schnell arbeiten. "Sonst kippen die demnächst reihenweise am Band um", betonte der Theologe, der sich seit Jahren für die Rechte von Arbeitsmigranten engagiert und das Werkvertragssystem anprangert. 

Corona-Ausbruch im Fleischbetrieb Tönnies

Nachdem es im Fleischbetrieb Tönnies in Rheda-Wiedenbrück zu einem Corona-Ausbruch kam, kam es im Kreis Gütersloh zu einem zweiten Shutdown. Grund ist der Corona-Hotspot, die Firma Tönnies in Rheda-Wiedenbrück. Auch der Kreis Warendorf war betroffen. 

Ein Schild weist auf den Werksverkauf und das Restaurant der Firma Tönnies hin / © Guido Kirchner (dpa)
Ein Schild weist auf den Werksverkauf und das Restaurant der Firma Tönnies hin / © Guido Kirchner ( dpa )
Quelle:
epd