Erzbischof Schick: "Mehr Schaden als Nutzen"
Aus Sicht des Bamberger Erzbischofs Ludwig Schick hätte das Papier besser nicht veröffentlicht werden sollen. Es bringe für die Kirche und ihren missionarischen Auftrag "mehr Schaden als Nutzen", heißt es in einer am Donnerstag veröffentlichten Stellungnahme. Das Papier sei theologisch defizitär und gehe nicht auf die jeweilige Situation der Kirche vor Ort ein.
Als ein "großes Manko" bemängelt der Erzbischof, dass in dem Papier weder Anlass noch Zweck ausdrücklich genannt würden. Dies eröffne "Raum für alle möglichen Spekulationen, die Schaden anrichten". Für einen Kirchenrechtler "nicht annehmbar" sei, dass das Papier nur an einzelne Vorschriften des kirchlichen Gesetzbuchs von 1983 erinnere, ohne die Lehrentwicklung seither und die konkreten Verhältnisse vor Ort zu berücksichtigen. Positiv hält Schick fest, dass laut der Vatikan-Instruktion die ganze Kirche und jede Pfarrei missionarisch ausgerichtet sein sollten.
Erzbischof Burger: "Seelsorge vor Ort ermöglichen"
Das Erzbistum Freiburg will trotz Gegenwinds aus dem Vatikan die geplanten Reformen in Pfarreien und Seelsorge voranbringen. "Der inhaltliche Kern der Reformen ist es, auch weiterhin Seelsorge vor Ort zu ermöglichen. Es geht keineswegs um eine Zentralisierung", sagte Erzbischof Stephan Burger der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Bischof Overbeck: "Es befremdet mich sehr"
Kritik am Vatikan kam auch vom Essener Bischof Franz-Josef Overbeck. "Die Instruktion nimmt in keiner Weise zur Kenntnis, dass wir in Deutschland - aber auch in vielen anderen Ländern der Weltkirche - kirchliches Leben nicht mehr nach den Mustern der bisher bekannten Volkskirche gestalten können", sagte er in Essen. "Es befremdet mich sehr, dass ein solches Dokument ohne Vorankündigung und Berücksichtigung der tatsächlichen Situation in den jeweiligen Ortskirchen veröffentlicht wird."
Bischof Fürst: "Rottenburger Modell steht nicht zur Disposition"
Der Rottenburg-Stuttgarter Bischof Gebhard Fürst und Diözesanratssprecher Johannes Warmbrunn betonten, es gebe in der heutigen Zeit keine Alternative zu mehr Miteinander und Partizipation. "Das Rottenburger Modell steht nicht zur Disposition. Die darin festgeschriebene starke Beteiligung der Laien in all unseren Gremien bis zum Diözesanrat, der bei uns auch das Haushaltsrecht hat, ist ein großer Vorteil für die Ortskirche - und sie ist eine klare Konsequenz aus dem Zweiten Vatikanischen Konzil." Das Schreiben aus Rom, so Fürst, habe ihn deshalb ebenso überrascht wie seine anderen Amtskollegen in Deutschland.
Bischof Meier: Augsburg kann mit der Instruktion "gut leben"
Dagegen erklärte der Augsburger Bischof Meier, sein Bistum könne mit der neuen Vatikan-Instruktion "gut leben". Die wahre Erneuerung der Kirche setze weniger auf eine Veränderung von Strukturen, sie müsse tiefer an die Substanz gehen. "Ziel ist eine geistliche Reform."
Nach der am Montag in Rom veröffentlichten Instruktion bleiben Laien von der Gemeindeleitung ausgeschlossen. Dagegen hebt der Text die Rolle des Pfarrers hervor. Bestrebungen, die Leitung von Pfarreien beispielsweise Teams aus Priestern und kirchlich Engagierten sowie anderen Mitarbeitern anzuvertrauen, widerspricht das Schreiben direkt.
Bischof Bode: "starke Bremse"
Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode, der auch stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz ist, hatte die Instruktion als "starke Bremse der Motivation und Wertschätzung der Dienste von Laien" bezeichnet. Er hätte eine vorherige Fühlungnahme mit den Realitäten vor Ort und eine bessere Beachtung der viel beschworenen Synodalität erwartet.
Kardinal Woelki lobt die Instruktion
Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki hatte die Instruktion gelobt: "Ich bin dankbar, dass uns Papst Franziskus mit dieser Handreichung den Weg weist." Das Dokument enthalte Anregungen für einen missionarischen Aufbruch der Kirche. "Zugleich ruft es uns Grundwahrheiten unseres Glaubens in Erinnerung, die wir gerade in Deutschland vielleicht manchmal aus dem Blick verlieren, wenn wir zu sehr mit uns selbst beschäftigt sind."
Bischof Jung ernüchtert
Der Würzburger Bischof Franz Jung vermisst in der neuen Vatikan-Instruktion nacheigenem Bekunden innovative Ansätze. "Insgesamt fragt man sich nach der Lektüre etwas ernüchtert, wo die missionarischen Impulse für eine Erneuerung der Pfarrei geblieben sind", schreibt Jung in einer am Freitag veröffentlichten Stellungnahme zu dem Dokument "Die pastorale Umkehr der Pfarrgemeinde im Dienst an der missionarischen Sendung der Kirche". Bei diesem Titel hätte man die Eröffnung neuer Initiativen oder neuer Sichtweiten erwartet, "die den Horizont weiten, Neugier wecken und Mut machen, missionarisch zu wirken", so Jung.
Kardinal Marx: "Vatikan-Papier hat Misstrauen gesät und Gräben vertieft"
Der Münchner Kardinal Reinhard Marx hat die neue Vatikan-Instruktion zu Reformen in den Kirchengemeinden kritisiert und ein stärkeres Aufeinanderhören in der Kirche eingefordert. "Es ist schon etwas merkwürdig, wenn ein Dokument von Rom kommt, ohne dass jemals mit uns darüber gesprochen wurde - ist das ein Miteinander von Universal- und Teilkirche, wie man sich das wünscht? Eigentlich nicht", sagte der Erzbischof von München und Freising am Freitagabend im Münchner Liebfrauendom.
Die Instruktion habe Misstrauen gesät und Gräben vertieft, was zu neuen Spaltungen und Spannungen führe, erklärte Marx. "So entsteht keine Frucht." Um die Zeichen der Zeit zu lesen im Lichte des Evangeliums, brauche man zunächst die Sensibilität des Hörens. "Aber der nächste Schritt ist entscheidend: Verstehen. Verstehen können wir nicht alleine. Verstehen können wir nur im Miteinander der Kirche. Verstehen können wir nur, wenn wir aufeinander hören und miteinander gehen." Das gelte für die gesamte Kirche, wenn sie den Weg suche, missionarisch zu werden und das Evangelium zu verkünden.
Bischof Hanke: Vatikan-Papier "ermutigt und unterstützt"
Der Eichstätter katholische Bischof Gregor Maria Hanke sieht in der Vatikan-Instruktion zu Reformen in katholischen Gemeinden "viele wertvolle Impulse" für deren missionarischen Aufbruch. "Das Dokument ermutigt und unterstützt alle, die bereits solche Wege eingeschlagen haben", erklärte der Bischof in einer am Dienstag veröffentlichten Stellungnahme.
"Pastorale Umkehr als Verlebendigung des missionarischen Geistes soll die Kirche vor Ort, die Pfarrei mit ihren traditionellen Strukturen erneuern. Dieser Erneuerungsprozess geschieht durch Evangelisierung."
Hanke fügte an: "Im deutschsprachigen Raum erfuhr die Instruktion zum Teil kritische Bewertungen, wohl hauptsächlich wegen der zweiten Hälfte des Dokuments, in der die Formen der Hirtensorge thematisiert und im Blick auf das Kirchenrecht beschrieben werden." Doch das Dokument ziele vielmehr auf die "konkretisierte Sakramentalität" der Kirche. "Dazu gehört die Ordnung des Zueinanders von Amt und Charisma, von gemeinsamem Priestertum aus Taufe und Firmung und Priestertum des Dienstamtes."
Der Bischof ergänzte, die Menschen zu erreichen und ihnen nahe zu sein, gehöre zum missionarischen Auftrag der Kirche. Dabei dürften aber nicht eigene Strategien und Strukturen im Vordergrund stehen. Erneuerung der Kirche ereigne sich durch Männer und Frauen, die sich vom Geist rufen ließen, in einem Netz zwischenmenschlicher Beziehungen.
Vor der Gliederung in Ämter, Dienste und somit verschiedene Rollen stehe die gemeinsame Berufung in das Volk Gottes. Damit folge die Instruktion ganz der Linie von Papst Franziskus, der zu einem Perspektivwechsel einlade. Das Dokument dürfte "nicht am Papst vorbei entstanden sein". Hanke sprach sich mithin dagegen aus, in der Instruktion "einen Kampf um die Rollen in der Kirche zu sehen oder nun das Verlierer-Sieger-Schema zu bemühen".
Erzbischof Heße: Reformen in Kirchengemeinden fortsetzen
Erzbischof Stefan Heße will die laufenden Reformprozesse im Erzbistum Hamburg fortsetzen. "Ich bin überzeugt davon, dass dieser eingeschlagene Weg der richtige ist und ich bin allen Menschen im Erzbistum Hamburg dankbar, die ihn mit uns gehen und sich engagieren", schreibt er am Dienstag in einem Facebook-Post. Die deutschen Bischöfe würden bei ihrem nächsten Treffen im August über das Dokument beraten, so Heße, der sich derzeit im Urlaub befindet.
Mit der in der vergangenen Woche überraschend veröffentlichten Instruktion hat der Vatikan Gemeindereformen Grenzen gesetzt. Laien bleiben laut dem Schreiben von der Gemeindeleitung ausgeschlossen. Dagegen hebt der Text die Rolle des Pfarrers hervor. Bestrebungen, die Leitung von Pfarreien beispielsweise Teams aus Priestern und kirchlich Engagierten sowie anderen Mitarbeitern anzuvertrauen, widerspricht das Schreiben direkt. Viele Kirchenvertreter aus Deutschland kritisieren das Papier.
Das Erzbistum Hamburg befinde sich seit einigen Jahren in einem Erneuerungsprozess, der alle Bereiche der katholischen Kirche im Norden in den Blick nehme und der Frage nachgehe, wie die Gläubigen in der heutigen Zeit missionarisch Kirche sein könnten, so Heße weiter. An den entsprechenden Konzepten hätten viele Gläubige aus den Diözesangremien, den Pastoralen Räumen sowie den Verbänden und Einrichtungen mitgearbeitet. Zudem würden im Erzbistum Hamburg seit einiger Zeit unterschiedliche Formen der Gemeinde- und Pfarreileitung entwickelt und erprobt.
Bischof Ipolt verteidigt Vatikan-Papier zu Gemeindereformen
Der Görlitzer Bischof Wolfgang Ipolt hat das umstrittene Vatikan-Papier zu Gemeindereformen und Pfarrei-Leitungen verteidigt und dessen missionarischen Aufruf hervorgehoben. "Bei aller Kritik, die derzeit geäußert wird, darf dieser Grundgedanke nicht klein geredet und übersehen werden. Letztlich geht es um die neue Evangelisierung, die Papst Franziskus immer wieder insbesondere der Kirche in Deutschland ans Herz legt", erklärte Ipolt in einer Stellungnahme.
Bischof Ipolt schreibt: "Ich kann aus diesem Dokument nicht eine 'Alleinherrschaft' des Pfarrers herauslesen." Die Instruktion verpflichte besonders im zweiten Teil den Pfarrer zur Zusammenarbeit mit den verschiedenen Gremien der Pfarrei. "Gerade in Deutschland haben wir damit ja eine langjährige und gute Erfahrung. Wer hier aus welchen Gründen auch immer Klerikalismus wittert, hat diese Hinweise wohl übersehen", so der Bischof. "Wenn auch die Instructio in ihrem zweiten Teil stark von kirchenrechtlichen Fragen geprägt ist, so möchte ich auf das eigentliche Anliegen dieses Textes hinweisen und es verstärken: Es geht um eine Umkehr und um die missionarische Sendung jeder Pfarrei - nicht allein und zuerst um Strukturen."