DOMRADIO.DE: Wie war denn jetzt der Endspurt in diesen letzten Tagen vor der Eröffnung?
Dr. Christiane Ruhmann (Kuratorin der Ausstellung im Diözesanmuseum Paderborn): Ach, der war einfach großartig. Wir sind so froh, dass es tatsächlich geklappt hat. Unsere europäischen Leihgeber aus Frankreich, aus England und vor allen Dingen aus Belgien haben uns die Exponate gebracht, und wir konnten ganz viele Freunde im Museum begrüßen und die wunderbaren Exponate dann auch erstmals bei uns im Original anschauen.
DOMRADIO.DE: Warum überhaupt Peter Paul Rubens? Warum der Barockstar im Mittelpunkt einer Ausstellung im Paderborner Diözesanmuseum?
Ruhmann: Das ist so, weil aus seinem Umkreis aus Antwerpen im 17. Jahrhundert zwei wunderbare Künstler, die Gebrüder Ludovicus und Antonius Willemssens, nach Paderborn gekommen sind. Mit den Werken dieser beiden Künstler startet der Barock in ganz Westfalen. Denn der Fürstbischof hat die beiden eingeladen, die Barockisierung des Paderborner Doms zu übernehmen.
Sie haben ganz viel Wissen, Können, Bilder und Motive von Peter Paul Rubens aus Antwerpen nach Paderborn gebracht. Deshalb dachten wir: Es ist durchaus richtig, auch dem großen Künstler eine große Abteilung in der Ausstellung zu widmen.
DOMRADIO.DE: Was sind da besondere Highlights? Was können sich Besucher für Werke von Rubens angucken?
Ruhmann: Wir haben zum Beispiel wunderbare Ölskizzen des Meisters selbst. Bei Rubens denkt man immer an große Formate, riesige Schinken. Die haben wir auch da, aus Lichtenstein zum Beispiel eine großartige "Beweinung Christi". Aber wir haben vor allen Dingen 20 kleine, wunderbare Handzeichnungen, Skizzen, Ölskizzen, die Rubens selber für seine Auftraggeber hergestellt hat. Unter anderem sind die von der verlorenen Ausmalung der Jesuitenkirche in Antwerpen – drei wunderbare Skizzen.
Auch Zeichnungen von Rubens selbst gibt es, wo der Besucher ganz nah rankommen und die Hand des Meisters selbst erkennen kann. Es ist wirklich großartig.
DOMRADIO.DE: Immer wieder Rubens im Original. Das ist natürlich ein Publikumsmagnet. Aber sie wollen ja auch die Wirkung von Rubens auf andere Künstler vor Augen führen. Sie haben schon die Auswirkungen nach Westfalen hinein angesprochen. Wie zeigen Sie das?
Ruhmann: Das ist auch sehr spannend, denn in den Bombardierungen des Zweiten Weltkriegs ist die Ausstattung der Gebrüder Willemssens im Paderborner Dom untergegangen. Die meisten Skulpturen sind verbrannt, und die Altargemälde sind in winzige Fetzen zerblasen worden.
Unser Direktor hat als junger wissenschaftlicher Referent diese kleinen Gemäldefetzen wieder aufgefunden, sozusagen in den Depots des Doms. Die sind jetzt erstmals restauriert und zu dem riesigen Altargemälde, zu dem sie einstmals gehörten, wieder rekonstruiert worden. Das ist unser Ausgangspunkt. Der Besucher kann dieses frisch restaurierte, rekonstruierte, wunderbare große Altargemälde gleich am Beginn der Ausstellung erstmals wieder sehen.
DOMRADIO.DE: Tatsächlich setzen Sie in der Ausstellung auch auf multimediale Präsentation. Wie kann man sich das vorstellen?
Ruhmann: Wir haben uns auch überlegt, dass man sich ja heutzutage gar nicht mehr vorstellen kann, wie die Leute damals diese Neuausstattung der Barockisierung empfunden haben. In den Protokollen steht etwas von der großen Luft und dem großartigen Zierrat. Und so haben wir mit einer Computerfirma aus Darmstadt – Architectura Virtualis – zusammengearbeitet, um diesen Eindruck für die Besucher wieder lebendig werden zu lassen.
Das heißt, man kann in einer groß angelegten 3-D-Animation in diesen barockisierten Dom mit eintauchen und die neue Ausstattung erleben.
DOMRADIO.DE: Heute Abend findet die feierliche Eröffnung nicht wie gewohnt im Museum statt, sondern im Paderborner Dom. Warum ist das so und wie wird das ungefähr sein?
Ruhmann: Es wird auf Abstand sein. Deshalb kommt uns der Dom natürlich gerade recht. Wir wollten auch ein Zeichen setzen, weil ja die weltlichen Feierlichkeiten zu Libori ausfallen. Der Bürgermeister hat schon gesagt: "Ein Stich ins Herz des Paderborners". So wollten wir zumindest unseren Beitrag leisten. Es gibt natürlich auch noch ganz viele andere Geschichten. Aber unser Beitrag ist eben, die Eröffnung dort mit dem Erzbischof zu machen.
Dann wird der Barockspezialist Nils Büttner einen kleinen Vortrag halten. Es wird auch eine Leinwand dort sein, die diese barocke Situation im Dom präsentiert. Aber es werden leider nur ganz wenige Leute mit dabei sein können, die alle auf Abstand sitzen. Das ist sehr traurig, aber wir sind trotzdem einfach sehr dankbar, dass überhaupt irgendwas möglich ist.
Das Interview führte Hilde Regeniter.