DOMRADIO.DE: Eigentlich wäre am Freitag Ihr Gerichtstermin gewesen. Der Vorwurf lautete "Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt". Wie sehen Sie das?
Mutter Mechthild Thürmer OSB (Äbtissin des Benediktinerinnenklosters Maria Frieden, Kirchschletten): Es gibt ja diese Möglichkeit des Kirchenasyls. Das hat es schon in der Antike gegeben, dass man Menschen noch einmal eine Möglichkeit geben kann, doch hier zu bleiben und Unterkunft und Verpflegung zu kriegen. Da gibt es auch ein Abkommen zwischen Kirche und Staat.
Diese einzelnen Regeln – dass man das anmelden muss und dass es ein Härtefall ist. Das haben wir alles hier eingehalten. Jeder hat gewusst, wo sich diese junge Frau befindet. Das wurde dem Ausländeramt, dem BAMF, dem Generalvikar und dem Katholischen Büro in München gemeldet. Es ist nicht so, dass die irgendwo Unterschlupf gesucht hätte und nicht mehr auffindbar gewesen ist.
DOMRADIO.DE: Im Jahr 2015 haben die Kirchen sich mit dem Staat darauf verständigt, dass das Kirchenasyl unter diesen bestimmten Bedingungen geduldet wird. Sind da jetzt andere Zeiten angebrochen?
Mutter Mechthild: Ja. 2018 wurde die Überstellungsfrist auf 18 Monate verlängert. Das ist schon eine vehement lange Zeit für jemanden im Kirchenasyl - wenn man immer am gleichen Platz bleiben muss. Hier bei uns haben wir es gut gelöst. Ich habe tolle Helfer: ehemalige Lehrer zum Beispiel, die jeden Tag die deutsche Sprache unterrichtet haben, sodass sie sogar Prüfungen machen konnten. Es ist also nachzuweisen, dass Sie da Fortschritte gemacht haben.
DOMRADIO.DE: Seit zwei Wochen wird jetzt in einem weiteren Fall von Kirchenasyl gegen Sie ermittelt. Sie machen also einfach weiter und beugen sich nicht dem Druck der Behörden?
Mutter Mechthild: Ja. Der zweite Fall, der jetzt noch mit dazukommen soll, der ist für mich eigentlich schon abgeschlossen. Die Frau aus Nigeria ist schon wieder weg. Das war ein ganz, ganz krasser Fall. Sie ist dreimal über Mittelmeer gekommen.
Sie war in Libyen im Camp, ist mehrmals vergewaltigt worden, wurde dadurch mit HIV infiziert, hat den ganzen Oberkörper voll von Messerstichen. So eine Frau, die kann ich wirklich nicht abweisen und sagen: "Geh mal wieder zurück nach Libyen, oder wo du sonst herkommen bist." In der Regensburger Zeitung zum Beispiel gibt es das Foto wie die Frau aus dem Meer gezogen wird – als eine der wenigen oder sogar als einzige, während die anderen 80 ertrunken sind.
DOMRADIO.DE: Was ist jetzt aus dem Fall geworden?
Mutter Mechthild: Sie ist jetzt wieder in Regensburg, wo sie ursprünglich war. Wie es weitergeht, das weiß ich im Moment nicht.
DOMRADIO.DE: Trotzdem wird gegen Sie ermittelt. Warum?
Mutter Mechthild: Das weiß ich auch nicht. "Illegaler Aufenthalt" heißt es.
DOMRADIO.DE: Wie sehr helfen denn die Solidaritätsbekundungen, wie die Mahnwache, die am Montag in Bamberg stattgefunden hat?
Mutter Mechthild: Ich finde es so toll. Ich bin sprachlos, dass so viele Menschen Solidarität zeigen. Auch Menschen, die ich gar nicht persönlich kenne. Auch Menschen, von denen ich das gar nicht erwartet hätte. Ein Arbeiter von einer Computerfirma sagte mir gestern: "Ich halte zu Ihnen. Ich mache damit." Von dem hätte ich das eigentlich nicht erwartet.
Es sind so viele, die stillschweigend genauso denken – so viele, die nicht laut schreien. Es ist bekannt: Laut schreien tun immer nur einige, die gegen etwas sind. Dann meint man, alle Leute sind dagegen. Aber es scheint so zu sein, dass viele Menschen positiv denken, Mitmenschlichkeit üben wollen, mir Mut machen und sagen: "Hut ab." Sie unterstützen das mit Gebet und haben mir auch schon Geld geschickt für die Arbeit mit den Flüchtlingen.