Das Land müsse "seine häufig missbrauchten Blasphemiegesetze und sein Gerichtssystem, das solche Missbräuche zulässt, unverzüglich reformieren und sicherstellen, dass der Tatverdächtige im vollen Umfang des Gesetzes strafrechtlich verfolgt wird", erklärte das US-Außenministerium (Donnerstag Ortszeit) in Washington. Tahir Ahmed Naseem war in dieser Woche in Peshawar während einer Anhörung seines Falls von einem fanatischen Muslim im Gerichtssaal erschossen worden.
Naseem wurde nach Angaben des US-Außenministeriums unter einem Vorwand von seinem Wohnort im US-Bundesstaat Illinois nach Pakistan gelockt und dort wegen Blasphemie angezeigt. Die US-Regierung hatte Naseem und seine Familie seit seiner Festnahme 2018 konsularisch betreut und die pakistanischen Behörden auf den Fall aufmerksam gemacht, "um genau jenen Typ einer schändlichen Tragödie zu verhindern, die dann letztlich geschehen ist", wie es in der Stellungnahme des Ministeriums hieß.
Sich selbst als "Prophet" bezeichnet
Der als psychisch krank geltende Naseem war wegen Blasphemie angeklagt worden, weil er sich selbst als "Prophet" bezeichnet haben soll. Im Islam gilt der Religionsgründer Mohammed als letzter Prophet und Gesandter Gottes.
Naseem soll früher ein Mitglied der im mehrheitlich sunnitisch-islamischen Pakistan ein Anhänger der unterdrückten und verfolgte muslimischen Glaubensrichtung Ahmadiya gewesen sein. Ein Sprecher der Ahmadiya betonte gegenüber dem asiatischen Pressedienst Ucanews, Naseem sei schon vor Jahren aus der Ahmadiya ausgetreten.
Auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International forderte nach der Ermordung Naseems eine Reform der Blasphemiegesetzgebung. Der aktuelle Fall sei ein weiteres Beispiel dafür, wie das Gesetz Menschen zu Selbstjustiz und Mord ermutige.
Blasphemie als Kapitalverbrechen
Blasphemie gilt im mehrheitlich islamischen Pakistan als Kapitalverbrechen, auf das die Todesstrafe steht. In der Praxis werden unter Blasphemie nur verächtliche Äußerungen und Taten gegen den Islam, den Koran und den Propheten Mohammed verstanden. Neben Muslimen werden häufig auch Christen Opfer des Blasphemiegesetzes.
Prominentester Fall war zuletzt die Katholikin Asia Bibi aus der Region Punjab, deren Todesurteil wegen angeblicher Blasphemie nach fast neun Jahren in der Todeszelle Anfang 2019 durch das höchste Gericht Pakistans aufgehoben wurde. Im Mai 2019 konnte Bibi unter größter Geheimhaltung nach Kanada ausreisen.