Regierung geht in Simbabwe gegen Proteste vor

Kirche und Opposition zeigen gemeinsam Missstände auf

Vor drei Jahren wurde der Staatspräsident von Simbabwe, Robert Mugabe, entmachtet. Doch führte der Sturz des Diktators nicht zum erhofften demokratischen Umschwung. Die Kirche setzt sich nun an die Spitze der Opposition.

Autor/in:
Markus Schönherr und Johannes Senk
Ausgangssperre in Simbabwe / © Shaun Jusa (dpa)
Ausgangssperre in Simbabwe / © Shaun Jusa ( dpa )

In Simbabwe droht der Konflikt zwischen Regierung und Opposition zu eskalieren. Nach dem Militärputsch gegen Präsident Robert Mugabe 2017 gab es im Land die Hoffnung auf einen wirtschaftlichen und politischen Neuanfang. Doch nun, drei Jahre später, werfen Menschenrechtler dem aktuellen Präsidenten, Emmerson Mnangagwa, dasselbe brutale Vorgehen gegen Kritiker vor wie seinem Vorgänger.

Lebenskraft ausgegangen

"Ich denke, dass die Hoffnung für den Großteil der Simbabwer erloschen ist. Man muss nur auf die Straße gehen und auf die Körpersprache der Menschen achten. Selbst Jugendlichen ist die Lebenskraft ausgegangen", sagt Tsitsi Dangarembga. Die Autorin und Filmregisseurin ist eines der Opfer der jüngsten Verhaftungswelle, mit der Simbabwes Regierung gegen Opposition und Kritiker vorging.

Weil sie Reformen forderte, muss sie sich im September vor Gericht verantworten.

"Es ist ohne Bedeutung, wer du bist. Solange du nicht auf Seite der Regierung stehst, bist du der Feind", meint auch der Demokratieaktivist Rejoice Ngwenya. Mit Sorge beobachtet er den Trend, wonach sich immer mehr Simbabwer nostalgisch nach der Mugabe-Ära zurücksehnen. "Die Demokratie war immer schon in Gefahr. Der Unterschied ist jedoch, dass Mugabe nicht unverhohlen auf die Armee zurückgriff, um Widerspruch zu unterdrücken."

Ngwenya zufolge brodelt es selbst in Simbabwes Baracken. Dass sich ein Putsch wie vor knapp drei Jahren wiederhole, sei nicht auszuschließen. "Junge Soldaten und Polizisten fühlen sich missbraucht. Es ist gut möglich, dass sie sich gegen ihre Vorgesetzten auflehnen, denen es gut geht."

Kampfbereite Regierung

Steven Gruzd, Politologe am Südafrikanischen Institut für internationale Angelegenheiten (SAIIA), sieht eine "kampfbereite Regierung, die den Bezug zum Volk und zur Realität verloren hat". Wer widerspricht, wird als "Terrorist" oder "Marionette des Westens" gebrandmarkt. Dabei hätten die Sanktionen von Europa und USA gegen die regierende ZANU-PF nur "minimalen Einfluss" auf Simbabwes Krise.

Einmal mehr zeigte sich die stark aufgeheizte Stimmung im Umgang mit den katholischen Bischöfen des Landes. Diese hatten vergangene Woche einen fast historischen Schritt gewagt: Ein am Freitag vom Erzbischof von Harare, Robert Ndlovu, und sechs seiner Amtsbrüder verbreiteter Hirtenbrief benennt erstmals deutlich alle gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Probleme des Landes - und stellt ebenso klar die Schuld der Regierung daran heraus.

Ein solches Zeichen sei wichtig für die Bevölkerung, denn die Kirche genieße ein hohes Ansehen in der Gesellschaft Simbabwes, sagt Desire Nzisabira vom katholischen Hilfswerk Misereor. "Die Menschen fühlen sich jetzt unterstützt und mobilisieren sich auch für die Bischöfe." Dadurch könne es zu einer Veränderung kommen, allerdings würden sich die Kirchenvertreter auch in Gefahr begeben.

Katholische Kirche bisher kein Ziel von Repressalien

Anders nämlich als die politische Opposition ist die katholische Kirche in Simbabwe zumindest bisher kein Ziel von Repressalien der Regierung gewesen. Der ehemalige Machthaber Robert Mugabe besuchte eine Jesuitenschule, an der er später als Lehrer tätig war. Ebenso war er häufiger zu Gast am Heiligen Stuhl in Rom. Der Autokrat stellte sich Zeit seiner Regierung gerne als bekennender Katholik dar.

Lediglich einmal schlug ein Konflikt des Präsidenten mit dem damaligen Erzbischof von Bulawayo, Puis Alick Ncube, größere Wellen.

Mutmaßlich fingierte Zeugnisse sollten die Beziehung des Kirchenmannes zu einer verheirateten Frau belegen. Ncube trat letztlich von seinem Amt zurück. Die Bischöfe verhielten sich danach etwas zurückhaltender gegenüber Mugabes Regierung. Mit dem neuen Vorstoß sei das nun vorbei. "Die Bischöfe sehen, dass es so nicht weitergehen kann. Sie sagen, dass die Regierung das Volk verhungern lässt", so Nzisabira.

Aber auch er fürchtet, dass es mit der bisherigen Schonung der Kirche bald vorbei sein könnte. Äußerungen wie jüngst die der Informationsministerin Monica Mutsvangwa, die Ndlovu für seine Regimekritik als "bösartigen" Einflussnehmer, der Simbabwe spalten wolle, bezeichnete, ließen nichts gutes Hoffen. "Die lokale Kirche muss jetzt dringend unterstützt werden", betont Nzisabira.


Quelle:
KNA