Vor 111 Jahren: Eine Kirche für Elisabeth von Thüringen

Ein himmelblaues Rosenwunder im Jugendstil

Am Ort ihrer Kindheit ist Elisabeth von Thüringen bis heute hoch verehrt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde ihr am Krönungsort der ungarischen Könige ein besonderes Kirchlein errichtet. Kaiser und Papst stifteten mit.

Autor/in:
Alexander Brüggemann
Innenraum der Kirche Sankt Elisabeth in Bratislava / © Alexander Brüggemann (KNA)
Innenraum der Kirche Sankt Elisabeth in Bratislava / © Alexander Brüggemann ( KNA )

Himmelblau, etwa 25 Meter hoch und dekoriert wie eine Sahnetorte - so präsentiert sich die Elisabeth-Kirche in Bratislava. Hier, in der wichtigsten Stadt des damaligen Oberungarn, verbrachte die heilige Elisabeth von Thüringen (1207-1231) Teile ihrer Kindheit.

Mehrere architektonische Spuren sprechen heute noch von ihr, etwa das Elisabeth-Denkmal auf dem Burgberg. Und nur wenige Kilometer flussaufwärts baute man ihr vor 111 Jahren ein architektonisches Unikum im volkstümlichen Jugendstil, das heute "Modry kostolik" (Kleine blaue Kirche) genannt wird.

Grundsteinlegung am 23. August 1909

Rund um die neue eiserne Donaubrücke entstand um die Jahrhundertwende ein neues Stadtviertel, das noch ohne seelsorgliche Betreuung war. Zudem war dort ein großes königlich-ungarisches Gymnasium geplant, das mit einer Kapelle kirchlich versorgt werden sollte.

1907, zum 700. Geburtstag der heiligen Elisabeth, wurde der Bau der "Alzbety" beschlossen und ab der Grundsteinlegung am 23. August 1909 bis zum Herbst 1913 von dem berühmten ungarischen Jugendstil-Architekten Ödon Lechner (1845-1914) ausgeführt.

Papst Pius X. stiftet Kelch für die Kirche

Auch der greise Kaiser Franz Josef I., selbst Witwer einer berühmten Elisabeth ("Sissi"), sagte Hilfe für den Kirchenbau zu. Er beauftragte den Pressburger Bildhauer Alojz Rigele mit einem Relief seiner 1898 auf Reisen ermordeten Gattin und Königin von Ungarn. Die Darstellung aus weißem Carrara-Marmor mit der betenden Elisabeth befindet sich heute im Pfarramt.

Papst Pius X. stiftete einen wertvollen Kelch für die Kirche, und der damalige Wiener Kardinal Franz Nagl stellte aus der Elisabethkirche der österreichisch-ungarischen Hauptstadt Reliquien der Heiligen zur Verfügung. Am 11. Oktober 1913 wurde die Elisabethkirche geweiht.

Die ungarische Stadt soll wieder aufgebaut werden

Preßburg, ungarisch Pozsony, slowakisch Presporok, war seit dem 13. Jahrhundert deutsch geprägt. Nach den Mongolenstürmen forderte Ungarns König deutschsprachige Siedler aus Österreich, Süddeutschland und Böhmen an, um die zuvor ungarische Stadt neu aufzubauen.

Nach der Niederlage von Mohacs gegen die Türken 1526 fielen große Teile Ungarns unter osmanische Herrschaft. Die Grenzstadt Preßburg bzw. ihr Martinsdom wurde für zweieinhalb Jahrhunderte zum Krönungsort der ungarischen Könige.

Architektur der Altstadt weist auf detusche Vergangenheit hin

Noch 1851 waren drei Viertel der 42.000 Einwohner Preßburgs Deutsche. Allerdings ging mit dem sogenannten österreichisch-ungarischen Ausgleich von 1867 eine massive Magyarisierung einher. So hatten sich bis 1901 die Verhältnisse in der Stadt schon deutlich verändert: Auf 50 Prozent Deutsche kamen nun 30 Prozent Ungarn.

Noch heute kann der Besucher der slowakischen Hauptstadt - die nach den Kriegen und Systemwechseln des 20. Jahrhunderts nur noch 3,5 Prozent Ungarn und 0,2 Prozent Deutsche hat - schon durch die Architektur der Altstadt auf die deutsche Vergangenheit schließen.

Ein Mosaik der Heiligen

Die "kleine Blaue" ist einer der hübscheren Belege aus der Vorstadt, dass nichts bleiben muss, wie es war. Nach der Wende wurde die "Alzbety" 1995 komplett restauriert, wie derzeit auch das über Jahrzehnte völlig heruntergekommene Gymnasium im selben Baustil direkt nebenan.

Das Mosaik über dem Hauptportal der Kirche zeigt das sogenannte Rosenwunder der Patronin der Nächstenliebe, die Tochter des ungarischen Königs Andreas II. und eine Fürsprecherin der Armen und Kranken war.

Das Rosenwunder

Eines Tages wurde Elisabeth laut der Überlieferung ertappt, als sie den Armen Brot bringen wollte - obwohl ihr das unter Strafe verboten war. Auf die Frage, was sich in ihrem Korb befinde, antwortete Elisabeth, es seien Rosen. Und als sie das Tuch anhob, fanden sich tatsächlich wunderbare Rosen darin.

Elisabeths Mildtätigkeit findet auch heute, in der postsozialistischen und kapitalistischen Realität der Vorstadt, noch Anklang. Viele Beter finden sich in dem bunten Gotteshaus in der Bezrucov-Straße ein. Schließlich hat die Slowakei - im Gegensatz etwa zum Nachbarland Tschechien - auch während der Jahrzehnte kommunistischer Verfolgung ihre christliche Prägung erhalten. Die heilige Elisabeth ist hier bis heute hoch verehrt.


Blaue Kirche Sankt Elisabeth, geweiht der Heiligen Elisabeth von Thüringen / © Alexander Brüggemann (KNA)
Blaue Kirche Sankt Elisabeth, geweiht der Heiligen Elisabeth von Thüringen / © Alexander Brüggemann ( KNA )

Ein Mosaik der heiligen Elisabeth von Thüringen über dem Portal "Blauen Kirche" in Bratislava / © Alexander Brüggemann (KNA)
Ein Mosaik der heiligen Elisabeth von Thüringen über dem Portal "Blauen Kirche" in Bratislava / © Alexander Brüggemann ( KNA )
Quelle:
KNA