Im türkisblauen Wasser treiben tote Fische. Statt Touristen liegen ölverschmierte Vögel am Sandstrand. Mauritius steht derzeit vor der größten Umweltbedrohung seiner Geschichte. Mehrere Jahre dürfte es laut Experten dauern, ehe sich Natur und Wirtschaft von den rund 1.000 Tonnen Öl erholen, die zu Monatsbeginn aus einem gestrandeten Schiff ausgelaufen waren.
Ebenfalls betroffen: der Tourismus, dem die ostafrikanische Tropeninsel bescheidenen Wohlstand und Entwicklung verdankt. Die Kirche des Landes will dabei helfen, den Sektor am Leben zu halten.
Von Corona-Krise wenig zu sehen
Mauritius ist einer der am weitesten entwickelten Staaten Afrikas. Selbst die Corona-Krise konnte der Insel bislang nur wenig anhaben; Neuinfektionen sind rar. Inmitten der Pandemie liefen bereits Vorbereitungen, um wieder internationale Besucher zu empfangen.
"Die Maßnahmen während des Lockdowns waren sehr streng", berichtet Philippe Goupille, der für Tourismus zuständige Pfarrer des Hauptstadtbistums Port Louis. "Doch sie zeigten Erfolg. Länder wie La Reunion, Madagaskar, Südafrika und Indien sind weit schlimmer betroffen."
Umweltnotstand nach Ölkatastrophe
Ende Juli dann kam eine neue Katastrophe, die den Erfolgskurs beendete: Ausgerechnet vor einem Naturschutzgebiet vor der mauritischen Küste lief der japanische Frachter "MV Wakashio" auf Grund. Aus seinem Tank ergossen sich dicke Schwaden Diesel und Schweröl; mehr als 1.000 Tonnen nahmen Korallenriffe, Strände und Mangrovenwälder ein. Ministerpräsident Pravind Jugnauth rief den Umweltnotstand aus.
Bevor das Wrack in zwei Teile zerbrach, gelang es Einsatzkräften zusammen mit Hilfsteams aus Frankreich und Japan, das restliche Öl abzupumpen. Tausende Freiwillige sammelten Stroh, um daraus schwimmende Barrieren gegen den Ölteppich zu bauen. Einige Mauritierinnen spendeten dafür sogar ihr Haar.
Doch inzwischen werden Fragen laut: Weshalb gibt es keine Neuigkeiten vom verhafteten Schiffskapitän? Warum wurden Freiwillige nach zwei Wochen Dauereinsatz am vergangenen Wochenende vom Einsatzort verbannt? Und wieso wartete die Regierung tagelang, ehe sie mit dem Abpumpen des Öls begann? Laut Tourismus-Kaplan Goupille läuft derzeit eine Untersuchung über die Hintergründe der Katastrophe.
Klar seien hingegen die Auswirkungen: "Laut Experten könnte es mehrere Monate oder sogar ein bis zwei Jahre dauern, bis sich die Umwelt vollständig erholt." Betroffen seien vor allem die Fischer an der Ostküste der Insel, berichtet Jean Hugues Gardenne, Sprecher der Mauritian Wildlife Foundation (MWF). "Mangroven, Korallen und das Meeresökosystem sind ebenfalls gefährdet - und die Auswirkungen auf den Tourismus, eine Säule unserer Wirtschaft, werden enorm sein."
Optimismus angesagt
Um Tourismus und Fischerei zu retten, mahnt der Ozeanologe Christopher Reddy aber zu Optimismus. Genauso wie über die Katastrophe müsse die Welt über die Aufräumarbeiten informiert werden. Im Gespräch mit dem Sender BBC betonte er: "Wir dürfen nicht annehmen, dass Mauritius für immer in ein geplündertes Brachland verwandelt wird." Eine solche Wahrnehmung könne größeren Schaden anrichten als das Öl selbst.
"Katastrophal" für die Leben der Mauritier wäre ein Rückgang der Touristenzahlen auch laut Pfarrer Goupille. "Doch ich hoffe, dass die zuständige Tourismusbehörde es schafft, wieder auf die Füße zu kommen und Mauritius als coronafreies Reiseland zu vermarkten." Die katholische Kirche wolle zur Wiederbelebung des Fremdenverkehrs beitragen.
Seit knapp 30 Jahren unterhält die Diözese Port Louis eine eigene Tourismuskommission. Man habe die "Chance" erkannt, die Besucher aus anderen Ländern und Kulturen für die Entwicklung von Mauritius bieten, so Goupille. "Unsere Aufgabe ist, Mauritier aller Religionen zu begleiten, die hart daran arbeiten, den Standard von Gastfreundschaft und Effizienz in der Tourismusindustrie zu erhalten." Auch Angestellte, die wegen der Corona-Pandemie um ihre Jobs bangen, würden unterstützt: in erster Linie durch Psychotherapie und durch Fortbildungen.